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Testsystem
zur Modulierung, inhibierend oder aktivierend, der Zellteilung bei
Eukaryonten enthaltend, mindestens ein zelluläres in vivo
System enthaltend mindestens eine spleißfähige
prä-mRNA, welche mindestens ein Intron enthält
und dessen Spleißen abhängig ist von mindestens
einer snRNA U12 oder U11 oder U6atac oder U5 oder U4atac und die
prä-mRNA in (a) mindestens eine Spleißstelle für U12
oder U11 enthält, in Gegenwart mindestens einer interessierenden
Substanz und ein detektierbares Signal induziert wird, gegebenenfalls
mit weiteren Hilfsmittel. Die allermeisten Gene in höheren
Organismen sind gestückelt; d. h. die Information zur Herstellung
eines Proteins ist in kleinen Stücken (Exons) enthalten,
die voneinander durch lange nicht kodierende Genbereiche (Introns)
getrennt sind (P. A. Sharp, Cell 77, 805 (Jun 17, 1994).
Während der Reifung eines Vorläufer-Botenmoleküls
(prä-mRNA) zum funktionellen Botenmolekül (mRNA)
müssen die Introns herausgeschnitten werden und die Exons
zu einer zusammenhängenden, proteinkodierenden RNA-Sequenz
verbunden werden. Man bezeichnet dies als Spleißen. Spleißen
erfordert große Molekülkomplexe aus Proteinen
und RNA, die Spleißosomen (M. S. Jurica, M. J.
Moore, Mol Cell 12, 5 (Jul, 2003)).
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Den
Kern dieser Spleißosomen bilden fünf Ribonukleoprotein-Komplexe
(U1–U5 snRNPs), bestehend aus mehreren Proteinen und je
einer „small nuclear" (sn)RNA (U1, U2, U4, U5 oder U6).
In Tieren und Pflanzen wurde neben dem klassischen und in sehr großer
Zahl vorkommenden „Major"-(oder U2-Typ) Spleißosom
ein zweites und in viel geringerer Kopienzahl vorkommendes „Minor"-(oder U12-Typ)
Spleißosom entdeckt. So unterscheidet man das Major-Spleißosom
(enthält die U1, U2, U4, U5 und U6 snRNPs), das mehr als
99% der menschlichen Introns prozessiert, vom Minor-Spleißosom. Dieses
prozessiert eine seltene Klasse von Introns mit speziellen, hochkonservierten
Sequenzen nahe den Intron-Enden und weist zusätzlich eine
andere snRNP Zusammensetzung auf (U11 und U12 snRNPs statt U1 und
U2; und U4atac bzw. U6atac statt U4 und U6).
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Eine
Spleißstelle bzw. Splice-Site stellt beim Spleißen
die Grenzen der Exons und Introns dar. Ihre Sequenz ist bei „Major"-(oder
U2-Typ) Introns wenig konserviert, was eine Voraussage der Exons
nur anhand der DNA-Sequenz fast unmöglich macht und eine
große Herausforderung in der Bioinformatik darstellt. Diese
Sequenzen werden durch die Spleißosomen spezifisch erkannt
und heraus gespleißt. In jedem Intron finden sich drei
Sequenzbereiche die für die Prozessierung durch das Spleißosom
wichtig sind: (1) die 5' splice site, (2) der Polypyrimidin-Trakt mit
dem Branch-Point Adenosin und (3) die 3' Splice site. Ein Standardintron
beginnt an der 5' splice site meist mit GU und endet an der 3' Splice
site meist auf AG. Insbesondere bei Introns, die durch das so genannte
Minor-Spleißosom gespleißt werden, kann die Sequenz
5' AT – 3' AC auftreten, weshalb sie auch als AT-AC-Introns
bezeichnet wurden. Die entscheidenden Merkmale für „Minor"-(oder
U12-Typ) Introns sind aber die hochkonservierten Sequenzen der 5'
splice site (erkannt durch U11 snRNA) und um das Branch-Point Adenosin
(erkannt durch U12 snRNA). Zudem fehlt ein Polypyrimidintrakt.
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Das
Minor-Spleißosom entfernt die sehr seltene Klasse der „Minor"-(oder
U12-Typ) Introns, die beim Menschen bis zu 0.4% aller Introns ausmachen (C.
B. Burge, R. A. Padgett, P. A. Sharp, Mol Cell 2, 773 (Dec, 1998), A.
Levine, R. Durbin, Nucleic Acids Res 29, 4006 (Oct 1, 2001).
Neben der für beide Spleißosomen gemeinsamen U5
snRNA, enthält dieses Minor-Spleißosom spezifische
snRNAs, nämlich U11, U12, U4atac und U6atac (A.
A. Patel, J. A. Steitz, Nat Rev Mol Cell Biol 4, 960 (Dec, 2003).
Fehlerhaftes Spleißen kann zu stark ausgeprägten
Phänotypen des betroffenen Organismus führen.
So ist bekannt, dass Insertionsmutationen in den Genen von Fliegen
für U12 und U6atac snRNAs deren Entwicklung verhindern
(L. R. Otake, P. Scamborova, C. Hashimoto, J. A. Steitz,
Mol Cell 9, 439 (Feb, 2002)) und das Einbringen einer siRNA
(small interfering RNA) zur Degradation der mRNA für ein
U12-assoziiertes Protein beeinträchtigt die Viabilität
einer menschlichen Zell-Linie (C. L. Will et al., Rna 10,
929 (Jun, 2004). Die Ursachen für diese Effekte
sind jedoch unbekannt.
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Die
funktionellen Erfordernisse, die zur Evolution von zwei Spleißsystemen,
einem Major- und einem Minor-Spleißosom in eukaryontischer
Zellen führten, sind weitgehend unverstanden. Insbesondere
die Erfordernisse hinsichtlich der Zellteilung (Zellproliferation)
sind bisher unverstanden.
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Zur
Untersuchung der beiden Spleißosomen wird im Allgemeinen
zunächst eine mRNA durch in vitro Transkription hergestellt,
in dem genetische Konstrukte mit Teilen viraler oder zellulärer
Genen verwendet werden. Derartige mRNAs enthalten alle wichtigen
Strukturelemente, die für die Erkennung der mRNA durch
die Spleißosomen und den Ablauf des Spleißens
notwendig sind. Im Allgemeinen wird die mRNA radioaktiv markiert,
damit nach der Auftrennung mittels eines denaturierenden Harnstoff-Polyacrylamidgels
das spezifische Bandenmuster, hinsichtlich der stattgefundenen Spleißreaktion beurteilt
werden kann. Hier können Störungen in den einzelnen
Reaktionsschritten beurteilt und lokalisiert werden. Derartige Testsysteme
sind jedoch nicht für alle mRNAs geeignet und sehr zeit-
und arbeitsaufwendig. Sie sind daher nicht für das systematische Auffinden
von Substanzen, die das Spleißen modulieren oder gar inhibieren
können, geeignet.
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Weitere
Testsysteme für das Major-Spleißosom sind beschrieben
in:
WO00/52201 beschreibt
ein gelfreies in-vitro- Nachweissystem einer Spleißreaktion
und die Bereitstellung entsprechender Sonden.
WO01/79537 beschreibt ein homogenes
Testsystem, welches auch gelfrei ist.
WO01/7953 beschreibt ein zelluläres
in vivo System, welches spleißfähige Nukleinsäuren,
mit mindestens einem Intron verwendet und ein detektierbares Signal
induziert wird um Wirkstoffe aufzufinden.
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Diese
Testsysteme treffen über die phänotypische Ausgestaltung
der Modulierung im Organismus keine Aussage.
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In
WO00/75309 ist ein Spleißosomprotein beschrieben,
das mit dem U11/U12 snRNP-Komplex des U12-abhängigen Spleißosoms
assoziiert ist und für dieses Spleißosom spezifisch
ist und dessen Einsatz für die Diagnostik von Krankheiten.
Ein Testsystem zur Untersuchung der Funktion des U12-abhängigen
Spleißosoms im Organismus und daraus folgende konkrete,
von diesem Spleißosom abhängige physiologische
Prozesse, (deren Modulation zur Behandlung von Krankheiten genützt
werden können) werden nicht offenbart.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung war es daher ein Testsystem zur Verfügung
zu stellen, mit dem auf effektive, spezifische und einfache Weise eine
große Anzahl von Substanzen auf Ihre Wirkung beim Spleißen
durch das Minor-Spleißosom in lebenden Zellen bzw. zellulären
in vivo Systemen und hinsichtlich Ihrer Modulation der Zellteilung
untersucht werden können. Es besteht ein großes
Interesse solche Substanzen und Wirkmechanismen, insbesondere auf
ihre modulierende, vorzugsweise inhibierende Wirkung in einem in
vivo System zu identifizieren und zu verifizieren, vorzugsweise
hinsichtlich der Auswirkungen und Mechanismen der Zellteilung. Ein besonderer
Vorteil der vorliegenden Erfindung ist es daher ein Testsystem zur
Verfügung zu stellen, mit dem auf effektive, spezifische
und einfache Weise die Funktion des U12-abhängigen Minor-Spleißosoms
im physiologischen Kontext des intakten Organismus, zelluläres
in vivo System, untersucht werden kann und von ihm abhängige
physiologische Prozesse zu definieren, die zur Behandlung von Krankheiten genutzt
werden können. Die hierbei gefundene essentielle Rolle
bei der Zellteilung macht das Minor-Spleißosom zu einem
interessanten Ziel zur effektiven Behandlung von Krankheiten mit
außer Kontrolle geratener Zellteilung.
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Gegenstand
der Erfindung ist daher ein Testsystem zur Modulierung, inhibierend
oder aktivierend, der Zellteilung enthaltend,
- a)
mindestens ein zelluläres in vivo System enthaltend mindestens
eine spleißfähige prä-mRNA, welche mindestens
ein Intron enthält,
- b) mindestens eine snRNA U12 oder U11 oder U6atac oder U5 oder
U4atac enthält,
- c) wobei die prä-mRNA in (a) mindestens eine Spleißstelle
für U12 oder U11 enthält,
- d) in Gegenwart mindestens einer interessierenden Substanz
- e) und ein detektierbares Signal induziert wird
- f) gegebenenfalls weitere Hilfsmittel
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In
einer bevorzugten Ausführungsform ist das zelluläre
in vivo System aus Eukaryonten ausgewählt. Unter "in vivo"
wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Umsetzung, d. h.
eine Reaktion, verstanden, die innerhalb einer lebenden Zelle abläuft.
Zelluläre "in vivo" Systeme im Sinne der Erfindung sind
spleißfähige Eukaryonten vorzugsweise Ein- als
auch Mehrzeller. Ganz besonders bevorzugt sind Zellinien aus Säugetieren – einschließlich
humaner Zellinien oder Hefen oder Fisch-Embryonen oder Insekten-Embryonen,
ganz besonders bevorzugt Zebrafisch-Embryonen (Zebrabärbling-Embryonen
(Danio rerio, früher Brachydanio rerio) oder Taufliegen-Embryonen
(Drosophilidae).
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Das
Signal nach (e) morphologisch und/oder optisch und/oder biochemisch
detektierbar ist, wie beispielhaft und nicht abschließend
die Detektion von BrdU (5'-Bromo-2'-deoxyuridin) BrdU ist nicht
radioaktiv und kann in vivo appliziert werden nach dem Einbau in
replizierende DNA mittels monoklonaler Antikörper, immunhistochemisch
an Gewebsschnitten, ganzen Embryonen oder Zellkulturen nachgewiesen
werden. (z. B in ELISA für Zellkultur oder direkt im Organismus
mit fluoreszens-markiertem Antikörper, z. B. Antikörper
gegen BrdU gekoppelt mit FITC (Fluoreszein-Isothiocyanat; RT-PCR
zur Detektion von minor-class Splicing) . Auch können die
dem Fachmann bekannten Proteine, die ein optisches Signal induzieren,
sowie Reportermoleküle wie GFP (green fluorescent Protein,
Protein aus der Qualle Aequorea Victoria), oder dessen Varianten
die andere Fluoreszenzspektren aufweisen. Entsprechend der Farbe
heißen diese zum Beispiel CFP (cyan) oder YFP (yellow),
als auch die enhanced-Varianten wie z. B. dem enhanced GFP (eGFP)
oder enhanced YFP (eYFP). Sowie fluoreszente Proteine aus Korallen
(Anthozoa) wie zoanFP (aus Zoanthus sp.) oder auch das rot fluoreszierende
Protein drFP583 (aus Discosoma), Handelsname DsRed und andere, die von
Reportergenen kodiert werden. Bevorzugt sind daher spleißfähige
Nukleinsäuren gemäß Merkmal (a) und (c),
die Merkmal (a) repräsentieren und für ein detektierbares
Signal (e) kodieren, ausgewählt aber nicht abgeschlossen
aus derartigen Reportergenmolekülen.
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Des
Weiteren können weiteren Hilfsmittel gemäß Merkmal
(f) enthalten sein, diese Hilfsmittel gemäß Merkmal
(f) sind nicht abschließend ausgewählt aus ATP,
Antibiotika z. B. Tertracyclin, Glucose und andere Hilfsmittel.
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Durch
die Interferenz mit Spleißosom-spezifischen „small
nuclear" (sn) RNA-Sequenzen ist es gelungen die beiden Spleißsysteme
in Zebrafisch-Embryonen und in menschlichen Tumorzellen selektiv
zu hemmen. Durch diesen Ansatz wird gezeigt, dass das Minor-Spleißosom
eine spezifische und essentielle Funktion im Zellteilungszyklus
während der Embryonalentwicklung von Wirbeltieren und in
Tumorzellen hat. Diese unerwartete spezifische Funktion in der Zellteilung
wird im erfindungsgemäßen Testsystem genutzt um über
die Hemmung der snRNA-Funktion das Minor-Spleißsystem in
Tumorzellen auszuschalten, und damit deren Wachstum und Teilung
zu unterbinden.
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Folgende
Begriffe werden in der vorliegenden Erfindung wie folgt ausgelegt:
Nukleinsäuren
setzen sich aus Basen, Phosphatgruppen, sowie den Zuckern Desoxyribose
(DNA) oder Ribose (RNA) zusammen. Sie sind Träger der Erbinformationen.
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Nukleotide
sind die Bausteine der Nukleinsäuren DNA und RNA. Jedes
Nukleotid besteht aus einer Base (Purin oder Pyrimidin) einem Zuckermolekül
(Desoxyribose oder Ribose) und einer Phosphatgruppe. Über
Bindungen werden die Nukleotide miteinander zu Ketten verknüpft.
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Oligonukleotide
sind kurze Nukleinsäurefragmente mit nur wenigen Nukleotiden.
Sie haben die Möglichkeit zur komplementären Paarung
mit der DNA oder RNA.
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RNA
(engl.: ribonucleic acid) ist eine aus Nukleotiden zusammengesetzte
Molekülkette. Bestimmte Typen dieser Ribonukleinsäure übernehmen in
Zellen die Aufgabe der Informationsübertragung von den
Genen zu den Ribosomen.
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mRNA
ist die messenger-RNA Moleküle, diese entstehen bei der
Transkription als Abschrift der genetischen Informationen der DNA.
Die einsträngigen mRNA transportiert die Bauanleitung für die
Proteine zu den Ribosomen
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Als
prä-mRNA (synonym: hnRNA von engl. heterogeneous nuclear
RNA) bezeichnet man ein Zwischenprodukt, das bei der Übersetzung
der DNA in Proteine bei Eukaryonten vorkommt. Es ist die Boten-Ribonukleinsäure
mRNA unmittelbar nach ihrer Entstehung in der Transkriptionsphase
der Proteinbiosynthese (Eiweißsynthese), wenn sie noch
nicht prozessiert wurde. Die prä-mRNA kommt beim ersten Übersetzungs-Schritt,
der Transkription, als Zwischenprodukt vor: Nicht alle DNA-Abschnitte,
die in einem Gen liegen, kodieren tatsächlich für
Proteine, sondern nur die als Exons bezeichneten Abschnitte. Bei
der Transkription kopiert das Enzym RNA-Polymerase II den kompletten
Bereich der DNA, inklusive aller Introns, also nicht-proteincodierender
Abschnitte. Das Produkt wird als prä-mRNA bezeichnet. Die durch
das Spleißen der prä-mRNA entstehende RNA-Sequenz,
wird als mRNA bezeichnet. Bei Eukaryonten wird die prä-mRNA
durch Anfügen einer Cap-Struktur (am 5'-Ende), eines Poly(A)-Schwanzes
und durch Spleißen der Introns im Zellkern modifiziert.
Dies geschieht teilweise bereits während der Transkription.
Die fertig prozessierte RNA wird reife mRNA genannt. Diese wird
in das Cytoplasma transportiert, wo die Translation beginnt.
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siRNA
(small interfering RNA) ist eine bestimmte Klasse der RNA zur gezielten
Hemmung der Translation bestimmter mRNAs. Spleißosom ist
ein großes Aggregat von snRNA- und snRNP-Molekülen,
das das prä-mRNA-Spleißen in einer Eukaryontenzelle
ausführt. Um einen funktionelles Spleißosom zu
bilden, werden die einzelnen Bestandteile (prä-mRNA, snRNPs
und snRNA) in einem stufenweisen Prozess zusammengesetzt.
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snRNA
(small nuclear RNA) sind RNA-Moleküle, die mit Proteinen
komplexiert sind, um die am RNA-Spleißen beteiligten Ribonucleoprotein-Partikel zu
bilden. snRNAs sind etwa 100 bis 300 Basenpaare große RNAs.
Es handelt sich um katalytisch aktive RNAs im Zellkern von Eukaryonten.
Sie liegen mit Proteinen assoziiert in Form snRNPs (small nuclear ribonucleoproteins)
vor und sind verantwortlich für das Spleißen der
Introns von prä-mRNA zu mRNA. Diese snRNPs bilden den Kern
der Spleißosomen, die in der Zelle das Spleißen
der prä-mRNA ausführen.
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Spleißen,
hier RNA-Spleißen (RNA-Splicing), Vorgang, durch den Intronsequenzen
aus RNA-Transkripten im Zellkern bei Bildung der mRNA und anderer
RNAs herausgeschnitten wird.
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Morpholinos
oder Morpholino Oligos sind Nukleinsäuren, die als Werkzeuge
in der Genetik verwendet werden, um einen Knockdown von Genen zu erzielen.
Es handelt sich um synthetische Moleküle, die durch strukturell
veränderte Nukleinsäure-Bausteine erzeugt werden
und die auch als PMOs (phosphorodiamidate morpholino oligo) bezeichnet
werden. Sie werden in antisense-RNA-Experimenten eingesetzt und
hemmen durch die Bindung an die komplementäre mRNA entweder
die Translation oder das Spleißen der prä-mRNA
und damit die Bildung eines Proteins. Ihre Wirkungsweise ist also
vergleichbar den siRNAs, jedoch besitzen Morpholinos eine höhere
Stabilität und damit längere Halbwertszeit, da sie
keine RNAse Substrate darstellen. Nachteil ist jedoch, dass eine
Transfektion der Morpholinos schwierig ist, daher wird meist auf
Injektion zurückgegriffen (Summerton J, Weller,
Antisense Nucleic Acid Drug Dev. 1997 Jun; 7 (3): 187–95.)
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Ein
Somit (eingedeutschtes Latein von somitus) ist ein so genanntes
Ursegment (Urwirbel), das vorübergehend in der embryonalen
Entwicklung der Wirbeltiere auftritt. Die Somiten werden in Kopf-Fuß-Richtung
(kraniokaudal) aus dem Mesoderm seitlich der Mittellinie (paraxial)
abgeschnürt. Sie liegen daher in zwei Strängen
rechts und links der axialen Strukturen Chorda dorsalis und Neuralrohr. Der
Somit besteht zunächst aus Epithel mit einem mesenchymalen
Hohlraum, dem Somitozöl. Später wird der ventromediale
Anteil mesenchymal und als Sklerotom bezeichnet. Der dorsolaterale
(zum seitlichen Rücken gerichtete), epithelial gebliebene
Anteil, wird Dermatomyotom genannt.
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SEQ
ID No. 1 stellt eine Nukleinsäuresequenz für die
U12 snRNA (human), NCBI Accession JO4119 da.
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SEQ
ID No. 2 stellt eine Nukleinsäuresequenz für die
U6atac snRNA (human), NCBI Accession U62823, NCBI Accession JO4119
da.
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SEQ
ID No. 3 stellt eine Nukleinsäuresequenz für die
U4atac snRNA (human), NCBI Accession 62822 da.
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SEQ
ID No. 4 stellt eine Nukleinsäuresequenz für die
U11 snRNA (human), NCBI Accession JO4118.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren zum Auffinden einer
wirksamen Substanz zur Hemmung der Zellteilung unter Verwendung
eines Testsystems nach einem der Ansprüche 1 bis 4, ist
dadurch gekennzeichnet, dass die Substanz gemäß Merkmal
(d) das prä-mRNA-Spleißen des Minor-Spleißosoms
beeinflusst und zwar inhibiert oder aktiviert. Insbesondere in der
Ausführungsform, dass das prä-mRNA-Spleißen
durch die Modulierung der jeweiligen Erkennungssequenz (1)
zwischen den snRNAs des Minor-Spleißosoms U12 oder U11
mit der prä-mRNA gemäß Merkmal (c), oder
der jeweiligen Erkennungssequenz zwischen U6atac oder U4atac, oder
jeweiligen Erkennungssequenz zwischen U6atac und U12 erfolgt. Vorzugsweise
wird wirksame Substanz ausgewählt aus Naturstoffen im weitesten
Sinne, kombinatorischen Substanzbibliotheken, Pharmazeutika, Insektiziden,
Herbiziden, Pestiziden, Nucleinsäure-Oligomere, Antikörper.
Diese kann eine natürlich vorkommende, natürliche
vorkommende und chemisch modifizierte und/oder synthetische Substanz
sein.
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Zur
Untersuchung der Funktion des Minor-Speißsystems ist das
erfindungsgemäße Verfahren zur selektiven Hemmung
der Funktion von Spleißosom spezifischen snRNAs entwickelt
worden. Eine Ausführungsform ist die Hemmung mit synthetischen
Nukleinsäure-Oligomeren, so genannten Morpholino-Oligomeren
(Morpholinos), die spezifisch an snRNAs binden und Sequenzen maskieren,
welche die Interaktion mit Sequenzelementen in der prä-mRNA
und mit anderen snRNAs im Spleißosom vermitteln. Bevorzugt
Morpholino-Oligomere mit der Nukleinsäuresequenz SEQ ID
No. 5 ttgaatactcattccttttattgct-5' (U12-Morpholino) oder SEQ ID
No. 6 cacaacatactttcctctcttccaa-5 (U6atac-Morpholino) oder Variationen
(strukturelle Verwandtschaft) dieser vorgenannten Nukleinsäuresequenzen
mit einer Sequenzhomologie (komplementäre Nukleinsäurebasen)
von mindestens 70 Prozent im Northern Blot.
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Vergleich
von Mensch U6atac snRNA und U12 snRNA Sequenzen, sowie Positionen
der verwendeten Morpholino-Oligomere (1). Die
markierten Bereiche in den menschlichen Sequenzen sind komplementär
zu den jeweils verwendeten Morpholino-Oligomeren, deren Sequenz
darüber gezeigt ist. Sequenzbereiche, die RNA-RNA-Interaktionen vermitteln
sind mit Markierungen unterlegt (1): Markierung
für Interaktionen der U11 snRNA mit der 5'-Spleissstelle;
für U12-U6atac-Helix I-Interaktionen; sowie für
Interaktionen mit der U12 snRNA mit der Verzweigungsstelle („Branch
point") und die U4atac-U6atac Interaktion.
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Durch
Injektion solcher Morpholinos in befruchtete Zebrafish-Eier wurde
die Rolle der beiden Spleißsysteme in der Embryonalentwicklung
von Wirbeltieren untersucht. Dabei führte die Hemmung des
Major-Spleißosoms, das mehr als 99% aller mRNAs spleißt,
zu einer sehr frühen Unterbrechung der Entwicklung (vor
der Gastrulation), d. h. sobald Gene neu abgelesen werden und somit
Spleißen benötigt wird. Im Gegensatz dazu, entwickeln
sich Embryonen bei denen das Minor-Spleißosom durch Morpholinos
erfindungsgemäß gegen U12 oder U6atac snRNAs gehemmt
wurde sehr viel weiter, bis zur Bildung der Somiten, und zeigen
Defekte in Zonen mit hoher Zellteilungsrate.
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Die
Morpholino vermittelte Hemmung des Minor-Spleißosoms hemmt
den Zellteilungszyklus in Zebrafisch-Embryonen (2)
und in menschlichen Tumorzellen (3). 2A BrdU-Einbau in mit Kontroll-Morpholino-injizierten
(cMO) und in U12-Morpholinoinjizierten (u12MO) Zebrafisch-Embryonen.
BrdU einbauende Zellen wurden durch einen FITC-gekoppelten (FITC
= Fluoreszein-Isothiocyanat) anti-BrdU Antikörper und anschließende
Fluoreszensmikroskopie sichtbar gemacht. 2B Detektion
von mitotischen Zellen in Embryonen, die wie in 2A beschrieben
behandelt wurden, mit Hilfe von anti-phospho-Histon H3/Cy3 Antikörper
Färbung. Die Zahlen über den Abbildungen geben
das Entwicklungsstadium (1 bzw. 6–8 Somiten-Stadium) an.
Die Skizze links zeigt den abgebildeten Bereich der Embryonen. Zellzyklusprofile
(3), gemessen durch Durchflußzytometrie,
von menschlichen MDA-MB231 und Hs578T Brustkarzinom-Zellen, die entweder
mit einem Kontroll-Morpholino (cMO) oder einem oder einem Morpholino
gegen U12 snRNA (U12 MO) transfiziert wurden.
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Die
Zellen wurden 24 h nach der Transfektion mit Ethanol fixiert und
mit dem DNA-Farbstoff DRAQ5 behandelt. SubG1 bezeichnet Zellen mit DNA-Gehalt < 2n.
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Überraschenderweise,
fanden wir eine spezifische und essentielle Funktion des Minor-Spleißosoms
für das Durchlaufen des Zellteilungszyklus: Die Hemmung
des Minor-Spleißsystems stoppt die Zellteilung durch Verminderung
des Übergangs zur DNA-Replikations-Phase. Des Weiteren
konnte gezeigt werden, dass diese essentielle Funktion für
die Zellteilung auch in normalen und tumorigenen menschlichen Zellen
konserviert wurde. Zellzyklusanalysen in verschiedenen menschlichen
Tumorzellen zeigen eine Arretierung des Zellteilungszykluses nach
Hemmung des Minor-Spleißsystems durch Morpholinos gegen
U12 und U6atac snRNAs. Des Weiteren induziert die Unterbrechung
des Zellteilungszyklus den Zelltod der Tumorzellen.
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Verfahren
zur Diagnose einer Erkrankung, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens
ein zelluläres in vivo-System enthaltend mindestens eine spleißfähige
prä-mRNA und mindestens eine snRNA U12 oder U11 oder U6atac
oder U5 oder U4atac enthält, in Gegenwart mindestens einer
interessierenden Substanz und gegebenenfalls weitere Hilfsmittel und
das die Modulation des Zellteilung nachgewiesen wird. Vorzugsweise,
dass die Erkrankung eine Tumorerkrankung (Krebs) oder eine Erbkrankheit
ist.
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Die
vorliegende Erfindung ist nicht nur ein Testsystem, Screeningsystem,
für Substanzen sondern auch eine Methode zur Messung der
Minor-Spliceosome-Aktivität und zu deren spezifischen Ausschaltung.
Die Interferenz mit dem Minor-Spliceosome im Organismus und die
Aufklärung der Rolle des Minor Speißosoms bei
der Zellproliferation liefert die Grundlage Substanzen zu finden,
die das Minor-Spleißosom und damit die Zellteilung hemmen. Die
Funktion des Minor Speißosoms in der Kontrolle der Zellteilung
ist krankheitsrelevant (z. B. Krebs) und kann mit Substanzen die
das Minor-Spleißosom beeinflussen in Zellen und im Organismus
moduliert werden. Essentieller Punkt ist deshalb auch die Möglichkeit
zur einfachen, effektiven und spezifischen Hemmung des Minor-Spleißosoms
in Zellen oder im Organismus (z. B. Zebrafisch) und dadurch die
Definition der konkreten Rolle des Minor-Spliceosom im Organismus.
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Beispiel 1
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Die
Injektion eines Morpholino-Oligomers gegen U12 snRNA in befruchtete
Zebrafisch-Eier führt zu einer Blockade der DNA-Replikation
und nachfolgend der Mitose in Zebrafischembryonen während
der Somitogenese.
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Befruchtete
Zebrafisch-Eier (ohne Chorion) wurden mit 0.5–1 nl Morpholino-Lösung
gegen U12 snRNA (0.01 mM; TCGTTATTTTCCTTACTCATCAGTT) oder einer
Lösung eines entsprechenden Morpholinos mit 5 Mismatch-Nukleotiden
(0.1 mM; TCGTGATTTGCCTTCCTCAGCAGTG) als Kontrolle injiziert. Zu
verschiedenen Entwicklungsstadien (1 bzw. 6–8 Somiten)
wurden BrdU-einbauende Zellen (Marker für DNA-Synthese,
S-Phase) nach Fixierung mit einem Fluoresceingekoppelten anti-BrdU-Antikörper
und anschließender Fluoreszensmikroskopie analysiert. Des
Weiteren wurden Zellen in der Mitose-Phase (M-Phase) durch einen
anti-phospho-Histon H3 Antikörper und einen sekundären
Cy3-gekoppelten Antikörper nach Fluoreszensmikroskopie
visualisiert. Parallel wurden beispielhaft das Entfernen von „Minor-class"
Introns aus prä-mRNA verschiedener Gene getestet und so
nachgewiesen, dass das Minor-Spleißsystem durch das U12-Morpholino
spezifisch gehemmt wurde (Daten nicht gezeigt). Während
es bei der Gastrulation keinen Unterschied beim BrdU-Einbau zwischen
Kontroll- und U12-Morpholino-injizierten Embryonen gab (Daten nicht
gezeigt), konnten BrdU-positive Zellen im 1-Somiten-Stadium bereits
nicht mehr detektiert werden (2A).
Die Häufigkeit mitotischer Zellen, visualisiert durch phospho-Histon
H3-Färbung, war im 6–8 Somiten-Stadium stark verringert
(2B). Dieses Ergebnis zeigt, dass die Hemmung des
Minor-Spleißosoms den Eintritt der embryonalen Zellen in
die DNA-Synthesephase hemmt.
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Beispiel 2
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Durch
das Einbringen eines U12-Morpholino-Oligomers werden menschliche
Brustkrebs-Zelllinien im Zellteilungszyklus arretiert.
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In
menschliche Brustkrebs-Zelllinien (MCF7, MDA-MB-231, Hs578T) wurde
ein Morpholino gegen U12 snRNA (TCGTTATTTTCCTTACTCATAAGTT) oder
ein Standard-Kontroll-Morpholino (CCTCTTACCTCAGTTACAATTTATA) eingebracht.
Dazu wurden 2 × 107 Zellen mit 20 μl einer 0.5
mM Morpholino-Lösung in 350 μl PBS elektroporiert.
Nach 24 h wurden die Zellen fixiert, die DNA mit DRAQ5 angefärbt
und das DNA-Profil mit Durchflußzytometrie untersucht.
Parallel wurde das Entfernen von „Minor-class" Introns
aus prä-mRNAs verschiedener Gene getestet, und so nachgewiesen,
dass das Minor-Spleißsystem nach U12-Morpholino-Elektroporation
spezifisch gehemmt wurde. Wie in 3 gezeigt, führt
die U12-Morpholino-Behandlung zu einer starken Reduktion des Anteils
an Zellen in der S-(DNA-Synthese) Phase und in der G2/M-(Mitose) Phase
sowie zu einer Akkumulation der Zellen in der G1-Phase (Phase vor
der S-Phase). Dasselbe Ergebnis wurde mit einem Morpholino gegen
U6atac snRNA (AACCTTCTCTCCTTTCATACAACAC) erhalten. Dieses Ergebnis
zeigt die Arretierung der Zellen vor dem Eintritt in die DNA-Synthese
Phase durch Hemmung des Minor-Spleißsystems.
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Es folgt ein
Sequenzprotokoll nach WIPO St. 25.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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-
Zitierte Patentliteratur
-
- - WO 00/52201 [0007]
- - WO 01/79537 [0007]
- - WO 01/7953 [0007]
- - WO 00/75309 [0009]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
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