-
Die Erfindung betrifft eine Frontgassack-Einheit nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
-
Sogenannte Frontgassäcke sind in der Technik wohlbekannt und seit vielen Jahren Teil der Standard-Sicherheitsausrüstung eines Personenkraftwagens. Ein solcher Frontgassack ist entweder im Lenkrad (Fahrer) oder in der Instrumententafel (Beifahrer) angeordnet und schützt den zugeordneten Insassen im Falle eines Frontalzusammenstoßes. Frontgassäcke sind in erster Linie so ausgelegt, dass sie ihre ideale Schutzwirkung dann entfalten, wenn der zu schützende Insasse in seiner Standard-Sitzposition, also im wesentlichen aufrecht und mit dem Rücken an der Sitzlehne, sitzt und mit dem Sicherheitsgurt angeschnallt ist.
-
Ein bekanntes Problem bei Frontgassäcken ist, dass sie dann, wenn sich der Insasse nicht in seiner Standard-Sitzposition befindet, wenn er beispielsweise vornüber gebeugt auf seinem Sitz sitzt (sogenannte OoP-Situation „Out of Position“) der Frontgassack, welcher mit großer Geschwindigkeit aus seinem Gehäuse herausschießt, selbst eine Verletzungsquelle für den Insassen darstellt. Um dieses Verletzungsrisiko zu minimieren, wurden schon zahlreiche Vorschläge gemacht, hierzu zählen beispielsweise mehrstufige Gasgeneratoren, steuerbare Auslassventile und dergleichen mehr. Viele dieser gemachten Vorschläge erfordern einen hohen technischen Aufwand, sind daher entsprechend teuer und auch störungsanfällig. Es wurden auch schon Vorschläge gemacht, welche sich ausschließlich auf die Geometrie und die Ausgestaltung des Gassacks beziehen. Ein grundsätzliches Problem ist hierbei, dass die geometrischen Verhältnisse und Rückhalteanforderungen an den Gassack von Fahrzeug zu Fahrzeug sehr verschieden sein können, so dass die Lösungen häufig sehr spezifisch sind.
-
Aus der
DE 100 48 953 A1 ist eine Frontgassack-Einheit bekannt, welche sich zum Ziel setzt, den Kopf des Insassen möglichst weich aufzufangen. Bei der dort vorgeschlagenen Frontgassack-Einheit ist der Gassack kelchförmig ausgestaltet, wobei eine im wesentlichen trichterförmige Füllkammer vorhanden ist, in welche das vom Gasgenerator kommende Gas zunächst einströmt. Von dieser Füllkammer strömt das Gas in den innen liegenden Hauptgasraum. Dieser wird nach vorne von einer Prallfläche abgeschlossen, welche gegenüber dem vorderen Rand der Füllkammer zurückgesetzt ist.
-
Die gattungsbildende
US 2006/0186655 A1 zeigt eine Gassack-Einheit mit einem Gassack und einer Aufblaseinrichtung zum Aufblasen dieses Gassacks, welcher eine Außenhülle, einen Hauptgasraum und zwei Füllkammern, in welche das von der Aufblaseinrichtung kommende Gas zunächst strömt, aufweist. Hierbei sind zwischen jeder Füllkammer und dem Hauptgasraum Überströmöffnungen vorgesehen. Jede Füllkammer weist eine Abströmöffnung zur Umgebung auf.
-
Aus der
DE 198 47 854 A1 ist ein Front-Gassack mit zwei hintereinander liegenden Kammern bekannt, wobei die dem Insassen nähre Kammer über die dem Gasgenerator nähere Kammer befüllt wird. Die dem Gasgenerator nähere Kammer, welche als Füllkammer bezeichnet werden könnte, weist auch hier eine Ventilationsöffnung auf.
-
Die
US 3792873 A zeigt einen Gassack mit röhrenförmigen Kammern.
-
-
Die vorliegende Erfindung stellt sich die Aufgabe, eine Frontgassack-Einheit zu schaffen, welche in einer normalen Unfallsituation eine gute Rückhaltekraft zur Verfügung stellt, welche bei einer OoP-Situation den Insassen nur wenig belastet, welche ohne aktive Steuerungen auskommt, welche einen geringen Fertigungsaufwand hat und welche leicht auf unterschiedliche Fahrzeugtypen anpassbar ist.
-
Diese Aufgabe wird durch eine Frontgassack-Einheit mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
-
Es hat sich herausgestellt, dass der Gassack, welcher aus der
US 2006/0186655 A1 bekannt ist, eine Struktur aufweist, welche, sofern sie erfindungsgemäß weitergebildet wird, zu einem Gassack mit den gewünschten Eigenschaften führt.
-
Die Gassack-Einheit weist also eine Gassack und eine Aufblaseinrichtung zum Aufblasen dieses Gassacks, welcher eine Außenhülle, einen Hauptgasraum und wenigstens eine Füllkammer, in welche das von der Aufblaseinrichtung kommende Gas zunächst strömt, auf. Hierbei ist zwischen Füllkammer und Hauptgasraum wenigstens eine Überströmöffnung vorgesehen. Erfindungsgemäß weist die Füllkammer wenigstens eine Abströmöffnung auf, aus der Gas bei Überschreiten eines vorbestimmten Drucks in der Füllkammer in die Umgebung abströmt. Die Füllkammer ist so ausgebildet und angeordnet, dass der Gasfluss von der Füllkammer in den Hauptgasraum zumindest gedrosselt wird, wenn die Gassackhülle während der Expansion auf ein Hindernis trifft. Stößt nun insbesondere die Prallfläche des Gassacks bei seiner Expansion auf ein Hindernis, beispielsweise auf einen vornüber gebeugten Insassen, so wird der Gasfluss in den Hauptgasraum unterbunden oder zumindest gedrosselt und der Druck in der Füllkammer steigt an und Gas strömt aus der Füllkammer ab, so dass es für den Hauptgasraum nicht mehr zur Verfügung steht. Hierdurch wird dann natürlich auch die Kraft, welche vom Gassack auf den Insassen übertragen wird, vermindert, was das Verletzungsrisiko für den Insassen herabsetzt.
-
Wie erwähnt, ist wenigstens eine Abströmöffnung vorgesehen, welche die Füllkammer mit der Umgebung oder einer weiteren Kammer verbinden. Diese Abströmöffnung ist als Ventil ausgebildet, welches sich erst dann öffnet, wenn der Innendruck in der Füllkammer einen vorbestimmten Wert überschreitet. Die Abströmöffnung ist durch eine Durchbrechung und einen diese Durchbrechung abdeckenden Gewebelappen, welcher mit einer Reißnaht befestigt ist, gebildet, so dass Gas erst bei Überschreiten eines vorbestimmten Drucks in der Füllkammer in die Umgebung abströmt.
-
Vorzugsweise ist wenigstens ein Abschnitt einer Füllkammer schlauchartig ausgebildet und der Gassack ist im Ruhezustand so gefaltet, dass dieser schlauchartige Abschnitt, welcher sich bevorzugt entlang der Außenhülle erstreckt, abgeknickt ist. Entfaltet sich der Gassack frei von äußeren Kräften, so entfaltet sich die Knickstelle und das Gas kann von der Füllkammer in den Hauptgasraum eintreten. Trifft die Außenhülle - insbesondere die Prallfläche - jedoch während der Expansion auf ein Hindernis, so bleibt der Knick im schlauchartigen Abschnitt erhalten und der schlauchartige Abschnitt ist „nach Art eines Gartenschlauches“ abgeknickt, so dass kein Gas in den Hauptgasraum strömen kann. Hierbei bedarf es nur einer verhältnismäßig geringen äußeren Kraft, um den Gasfluss von der Füllkammer in den Hauptgasraum zu unterbinden. Das heißt, dass der Gassack mit einfachen Mitteln sehr sensibel auf ein Hindernis während der Expansion reagiert. Kann sich der Gassack jedoch frei von äußeren Kräften entfalten, so wird der Knick aufgehoben und Gas kann mit großem Massenstrom in den Hauptgasraum strömen.
-
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist weiterhin eine Niederdruckkammer innerhalb der Außenhülle vorhanden. Eine solche Niederdruckkammer wird mit weniger Druck als der Hauptgasraum beaufschlagt. Durch gezielte Anordnung und Dimensionierung einer solchen Niederdruckkammer, oder solcher Niederdruckkammern, ist auf einfache Weise eine Feinabstimmung des Gassacks für den gewünschten Anwendungsfall möglich. Vorzugsweise liegt eine solche Niederdruckkammer zwischen Füllkammer und Hauptgasraum.
-
Die Erfindung wird nun anhand eines Ausführungsbeispiels mit Bezug auf die Figuren näher erläutert. Hierbei zeigen:
- 1 Eine schematische Darstellung einer Frontgassack-Einheit, wobei sich der Gassack in einem frühen Expansionszustand befindet,
- 2 das in 1 Gezeigte bei vollständig expandiertem Gassack,
- 3 einen Schnitt durch das in 2 Gezeigte entlang der Ebene A-A,
- 4 eine Abströmöffnung und
- 5 das in 2 Gezeigte in einer Situation, wenn der Gassack während der Expansion auf einen Insassen trifft.
-
Die 1 zeigt eine Frontgassack-Einheit in einer schematischen Darstellung zu einem frühen Zeitpunkt der Expansion. Die Frontgassack-Einheit besteht aus einem Gassack 10, einem Gehäuse 40 und einem als Aufblaseinrichtung dienenden Gasgenerator 45. Der Gasgenerator 45 ist hierbei in diesem Ausführungsbeispiel als sogenannter U-Boot-Gasgenerator ausgebildet, wobei der Gaserzeugungsbereich außerhalb des Gehäuses 40 und der Gasausströmbereich innerhalb des Gehäuses liegt. Das hier dargestellte Ausführungsbeispiel ist eine Beifahrer-Frontgassack-Einheit, wobei das Gehäuse 40 in der Instrumententafel I angeordnet ist. Die 1 zeigt den Gassack 10 zu einem frühen Entfaltungszeitpunkt, in dem die Prallfläche 12 noch gefaltet ist.
-
Die Struktur des Gassacks 10 lässt sich am besten den 2 und 3 entnehmen, wobei die 3 einen Schnitt durch die 2 entlang der Linie A-A ist. Der Gassack 10 weist eine Außenhülle mit einem vorderen Abschnitt, welcher die Prallfläche 12 bildet, und einem Mantelabschnitt 14, welcher sich zwischen Gehäuse 40 und Prallfläche 12 erstreckt, auf. Innerhalb der Außenhülle befindet sich der Hauptgasraum 30. Dieser wird jedoch nicht direkt, sondern über eine Füllkammer 32 befüllt. Diese Füllkammer 32 weist einen hinteren Abschnitt 32a auf, in welchem sich der Ausströmbereich des Gasgenerators 45 befindet. Dieser hintere Abschnitt 32a erstreckt sich im wesentlichen parallel zum Boden des Gehäuses 40. Von diesem hinteren Abschnitt 32a erstrecken sich in diesem Ausführungsbeispiel vier vordere Abschnitte 32b entlang des Mantelabschnitts 14 der Außenhülle. Die vorderen Abschnitte 32b werden dadurch gebildet, dass jeweils eine erste Innenwand 20 mit dem Mantelabschnitt 14 vernäht, verklebt oder verschweißt ist.
-
Jeder vordere Abschnitt 32b der Füllkammer 32 endet in einer stirnseitigen Überströmöffnung 24, welche gegenüberliegend der Prallfläche 12 angeordnet ist. Das vom Gasgenerator 45 kommende Gas strömt somit, wenn es aus dem Gasgenerator 45 austritt, zunächst in radialer Richtung parallel zum Gehäuseboden (und somit auch parallel zur Prallfläche 12) anschließend im wesentlichen parallel zum Mantelabschnitt 14 der Außenhülle (senkrecht zur Prallfläche) und dann von oben in den Hauptgasraum 30. Diese Gasführung führt auch dazu, dass zunächst sehr schnell der Gassack aus dem Gehäuse gezogen und positioniert wird und sich erst anschließend der Hauptgasraum 30 mit Gas füllt.
-
Zwischen den vorderen Abschnitten 32b der Füllkammer 32 und dem Hauptgasraum 30 befindet sich noch jeweils eine Niederdruckkammer 34, welche dadurch gebildet wird, dass jeweils eine zweite Innenwand 22 mit dem Mantelabschnitt 14 verbunden ist, wie man dies insbesondere der 3 entnehmen kann. Die Niederdruckkammern 34, welche sich also zwischen den vorderen Abschnitten 32b der Füllkammern und dem Hauptgasraum 30 befinden, können über Verbindungsöffnungen 26 verfügen, welche die Niederdruckkammern 34 mit dem Hauptgasraum 30 verbindet. Somit herrscht während des Aufblasens in der Füllkammer 32 der höchste Druck, in den Niederdruckkammern 34 der niedrigste Druck und im Hauptgasraum 30 ein Druck, welcher zwischen dem Druck in der Füllkammer 32 und in den Niederdruckkammern 34 liegt. Durch die Anordnung und Dimensionierung der Niederdruckkammern 34 sowie durch die Dimensionierung der Verbindungsöffnungen 26 lässt sich sehr einfach das Verhalten des Gassacks, insbesondere seine Gesamthärte, einstellen.
-
Der Mantelabschnitt 14 der Außenhülle weist Abströmöffnungen 16 auf, welche die Füllkammer 32 mit der Umgebung verbinden. Die Abströmöffnungen 16 sind, wie sich insbesondere der 4 entnehmen lässt, wie folgt aufgebaut:
-
Der Mantelabschnitt 14 weist eine Durchbrechung 17 auf und auf den Mantelabschnitt 14 ist außen mittels eines Reißnaht 19 ein Gewebelappen 18 aufgenäht, welcher die Durchbrechung 17 abdeckt. Übersteigt der Innendruck in der Füllkammer 32 einen vorbestimmten Wert, so reißt die Reißnaht 19 auf und Gas kann durch die Durchbrechung 17 austreten.
-
Geht man zurück zur 1, so sieht man, dass die schlauchartigen vorderen Abschnitte 32b der Füllkammer im gefalteten Zustand in den Bereichen B jeweils eine Knickstelle aufweisen. Diese Knickstellen bleiben auch zu einem frühen Expansionszeitpunkt des Gassackes noch erhalten, wenn der hintere Abschnitt 32a der Füllkammer bereits gefüllt ist.
-
Die 5 zeigt die Situation, welche dann eintritt, wenn sich ein Insasse zu nah am expandierenden Gassack befindet. In diesem Fall trifft die Prallfläche 12 vor der vollständigen Entfaltung auf die Person - hier ist der Kopf einer Person dargestellt - so dass eine Bewegung und Entfaltung der Prallfläche 12 verzögert bzw. unterbunden wird. Hierdurch bleiben die schlauchartigen vorderen Abschnitte der Füllkammer in den Bereichen B „wie Gartenschläuche“ abgeknickt und es kann kein Gas von der Füllkammer in den Hauptgasraum strömen. Dadurch steigt der Druck in der Füllkammer 32, was dann zu einem Aufplatzen der Reißnähte 19 führt, so dass Gas ins Innere des Kraftfahrzeugs abströmt. Durch diesen Effekt wird das Ziel erreicht, nämlich dass die Krafteinleitung in den Insassen in einer OoP-Situation verringert wird. Ist kein Hindernis vorhanden, so werden die Knickstellen in den Bereichen B aufgehoben und Gas kann ungehindert und mit hohem Massenstrom in den Hauptgasraum einströmen, so dass der Gassack schnell seine vollständige Schutzwirkung entfaltet.
-
Die Außenhülle weist in der Regel weitere Abströmöffnungen auf, welche den Hauptgasraum mit der Umgebung verbinden, so dass sich der Gassack beim Eintauchen eines Insassen nach vollständiger Entfaltung des Gassacks wie ein gewöhnlicher Gassack verhält.
-
Bezugszeichenliste
-
- 10
- Gassack
- 12
- Prallfläche
- 14
- Mantelabschnitt
- 16
- Abströmöffnung
- 17
- Durchbrechung
- 18
- Gewebelappen
- 19
- Reißnaht
- 20
- erste Innenwand
- 22
- zweite Innenwand
- 24
- Überströmöffnung
- 26
- Verbindungsöffnung
- 30
- Hauptgasraum
- 32
- Füllkammer
- 32a
- hinterer Abschnitt
- 32b
- schlauchförmiger vorderer Abschnitt
- 34
- Niederdruckkammer
- 40
- Gehäuse
- 45
- Gasgenerator