DE102006039683A1 - Verfahren zur Berechnung eines Kennwerts zur Auswahl eines geeigneten Werkstoffs für ein Bauteil - Google Patents
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Abstract
Ein Verfahren zur Berechnung eines Kennwerts zur Auswahl eines geeigneten Werkstoffs für ein Bauteil, insbesondere im Automobilbau, weist folgende Verfahrensschritte auf: - für mehrere Lastfälle des Bauteils wird jeweils innerhalb eines begrenzten Bereichs des Bauteils eine Spannungsverteilung ermittelt, - aus der jeweiligen Spannungsverteilung innerhalb des Bereichs des Bauteils werden eine erste Hauptnormalspannung und eine zweite Hauptnormalspannung ermittelt, - aus der jeweiligen ersten Hauptnormalspannung und der jeweiligen zweiten Hauptnormalspannung wird ein jeweiliger Hauptnormalspannungsfaktor berechnet, - aus der Summe der ersten Hauptnormalspannung und der zweiten Hauptnormalspannung des jeweiligen Lastfalls wird für jeden Lastfall ein Gewichtungsfaktor berechnet, - für jeden begrenzten Bereich wird aus der Orientierung der betragsmäßig größten Hauptnormalspannung ein Referenzwinkel als Mittelwert der jeweiligen Orientierungen berechnet und aus dem jeweiligen Referenzwinkel wird für jeden begrenzten Bereich ein Orientierungsfaktor ermittelt, - der Hauptnormalspannungsfaktor, der Gewichtungsfaktor und der Orientierungsfaktor werden zur Bildung des Kennwerts miteinander multipliziert.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Berechnung eines Kennwerts zur Auswahl eines geeigneten Werkstoffs für ein Bauteil, insbesondere im Automobilbau.
- Bei der Konstruktion bestimmter Bauteile steht der Konstrukteur häufig vor der Frage, ob der von ihm ausgewählte Werkstoff für das Bauteil tatsächlich geeignet ist oder ob für den zu erwartenden Spannungszustand des Bauteils der Belastung eher gerecht werdende Werkstoffe existieren und zum Einsatz kommen können. Der Werkstoff für ein bestimmtes Bauteil wird üblicherweise abhängig von den Werkstoffeigenschaften ausgewählt. Hierbei kann es sich um rein mechanische, um ökonomische oder auch um marketingtechnische Eigenschaften des Werkstoffs handeln.
- Da in der Automobilindustrie der Kostendruck recht hoch ist, wird die Werkstoffauswahl hier zumeist von den ökonomischen Eigenschaften des Werkstoffs dominiert. Es wird also meist der Werkstoff ausgewählt, der den besten Kompromiss aus Kosten und geforderten Eigenschaften bietet. Je geringer der Kostendruck wird, beispielsweise bei hochpreisigen Fahrzeugen und insbesondere im Rennsportbereich, desto weniger entscheiden sind die ökonomischen Eigenschaften des Werkstoffs, wohingegen mechanische und marketingtechnische Eigenschaften in den Vordergrund treten.
- Die bisherige Vorgehensweise orientiert sich also nur in sehr geringem Maß an den tatsächlichen zu erwartenden Spannungszuständen, weshalb gerade im Rennsportbereich häufig zu teure Werkstoffe mit einer hohen Festigkeit bei geringer Dichte eingesetzt werden, wohingegen in der allgemeinen Automobilindustrie erhebliche Einsparpotenziale hinsichtlich des Gewichts einzelner Bauteile vorhanden wären, wenn besser geeignete Werkstoffe eingesetzt werden würden.
- Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zu schaffen, mit dem der geeignete Werkstoff für ein bestimmtes Bauteil bestimmt werden kann, insbe sondere im Hinblick darauf, ob ein isotroper oder ein anisotroper Werkstoff eingesetzt werden sollte.
- Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die in Anspruch 1 genannten Merkmale gelöst.
- Gemäß der vorliegenden Erfindung wird also für jeden begrenzten Bereich des Bauteils und für jeden Lastfall der jeweilige Spannungszustand klassifiziert, wozu die erste und die zweite Hauptnormalspannung sowie die Orientierung der ersten Hauptnormalspannung verwendet werden. Mit dem sich daraus ergebenden, erfindungsgemäßen Hauptnormalspannungsfaktor wird der jeweilige Lastfall also als ein-, zwei- oder dreiachsiger Lastfall eingestuft. Hierbei ist die erste Hauptnormalspannung die größte und die zweite Hauptnormalspannung die kleinste auftretende Spannung.
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- Des weiteren wird mittels der Summe aus der ersten und der zweiten Hauptnormalspannung ein Gewichtungsfaktor errechnet, der das Spannungsniveau des betrachteten Lastfalls für jeden begrenzten Bereich des Bauteils enthält. Da stets mehrere Lastfälle untersucht werden, wird durch den Gewichtungsfaktor verhindert, dass Lastfälle mit einem niedrigeren Spannungsniveau das Ergebnis verfälschen, da sie erfindungsgemäß weniger stark in das Ergebnis eingehen. Dagegen gehen Lastfälle mit höherem Spannungsniveau korrekterweise stärker in die Berechnung des Kennwerts ein.
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- Anschließend wird aufgrund des Vorhandensein mehrerer Lastfälle aus den Orientierungen der ersten Hauptnormalspannungen für jeden begrenzten Bereich des Bauteils ein Referenzwinkel berechnet. Hierzu wird jedoch nicht die Orientierung der ersten Hauptnormalspannung, sondern die Orientierung der betragsmäßig größten Hauptnormalspannung verwendet. Dadurch wird festgestellt, ob eher eine Zug- oder eine Druckbelastung vorliegt. Der Referenzwinkel wird dabei als Mittelwert der resultierenden Orientierungen ermittelt und die Abweichung der vorher bestimmten Orientierung des jeweiligen Lastfalls vom Referenzwinkel wird im Orientierungsfaktor festgehalten.
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- Falls sämtliche Lastfälle in die gleiche Richtung gehen, beträgt der Orientierungsfaktor also 1 und es ist eine sehr gute Eignung des Bauteils für die Verwendung eines anisotropen Werkstoffs gegeben. Je mehr verschiedene Richtungen der größten Hauptnormalspannung vorliegen, also je breiter die Streuung der Referenzwinkel ist, desto kleiner wird der Wert des Orientierungsfaktors.
- Schließlich wird über sämtliche Bereiche des Bauteils und über sämtliche Lastfälle der Kennwert des Bauteils aufsummiert, der kennzeichnend für die Anisotropie sämtlicher Lastfälle ist und aufgrund dessen die Eignung des untersuchten Bauteils für anisotrope Werkstoffe ermittelt werden kann.
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- Als Kennwert ergibt sich also eine Zahl zwischen 0 und 1, wobei die Zahl 1 einen Lastfall kennzeichnet, bei dem lediglich eine Zugbelastung vorliegt, wohingegen die Zahl 0 einen komplex kombinierten Lastfall kennzeichnet. Abhängig vom Kostendruck kann der Konstrukteur des Bauteils beispielsweise einen Schwellwert festlegen, ab welchem er anstatt eines isotropen Werkstoffs einen anisotropen verwendet. Der besondere Vorteil der Verwendung eines anisotropen Werkstoffs, also eines Faserverbundwerkstoffs, wie z. B. Karbonfaser-, Glasfaser- oder Aramidfaser-Verbundwerkstoff, liegt in der erheblich geringeren Masse bei gleicher Festigkeit bzw. erheblich höherer Festigkeit bei gleicher Masse. Für anisotrope Werkstoffe gilt diese höhere Festigkeit bzw. der höhere E-Modul jedoch nur in einer Richtung, nämlich in der Faserlängsrichtung, wohingegen in Querrichtung dazu eine erheblich geringere Festigkeit gegeben ist. Aus diesem Grund sind anisotrope Werkstoffe besonders gut für den Einsatz bei überwiegender Zugbelastung geeignet. Wenn das Ergebnis für den Kennwert beispielsweise 1 beträgt, so ergibt sich bei der Verwendung eines Karbonfaserverbundwerkstoffs gegenüber einem Aluminiumwerkstoff eine Gewichtseinsparung von ca. 70%. Dieser Gewichtsvorteil kommt sowohl durch die geringere Dichte als auch durch die geringere erforderliche Wandstärke des Karbonfaserverbundwerkstoffs zustande. Dagegen ergibt sich bei einer schlechten Eignung des Bauteils für einen anisotropen Werkstoff nur eine Gewichtseinsparung von ca. 20%. Dieser Gewichtsvorteil lässt sich in einem weiterführenden Algorithmus eben falls berechnen und als Entscheidungskriterium für die Werkstoffauswahl heranziehen.
- Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht also mit dem beschriebenen Algorithmus eine automatisierte und insbesondere computergestützte Analyse, ob ein bestimmter Werkstoff für ein bestimmtes, im Prinzip beliebig komplexes Bauteil geeignet ist. Dadurch lassen sich auch größere Strukturen, wie z. B. Karosserien von Kraftfahrzeugen, hinsichtlich der Anisotropie der vorliegenden Spannungszustände untersuchen und klassifizieren und es können Leichtbaupotentiale erkannt und genutzt werden. Umgekehrt können auch Aussagen über die werkstoffgerechte Bauteilauswahl getroffen werden, d.h. es kann ermittelt werden, ob ein bestimmtes Bauteil besser für den Einsatz von isotropen oder anisotropen Werkstoffen geeignet ist.
- Selbstverständlich lassen sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht nur Karosserien bzw. Karosserieteile, sondern auch andere Bauteile von Kraftfahrzeugen, wie z. B. Fahrwerksbauteile, klassifizieren. Des weiteren kann das erfindungsgemäße Verfahren auch bei anderen Bauteilen eingesetzt werden, die bestimmten Kräften bzw. Momenten ausgesetzt sind und bei denen zwischen einem isotropen und einem anisotropen Werkstoff ausgewählt wird.
- Als Lastfälle kommen beispielsweise NVH-Anforderungen (noise vibration harshness) oder verschiedene Festigkeitslastfälle in Betracht, die während des Betriebs von Kraftfahrzeugen auftreten können und sich mittels eines Computers simulieren lassen, vorzugsweise mittels einer Finite-Elemente-Methode, deren einzelnen Elemente durch die hierin als „begrenzte Bereiche des Bauteils" bezeichneten Bereiche gebildet werden. Hierbei sollte die Kantenlänge bzw. die Größe eines Elements so gewählt werden, dass darin zumindest näherungsweise derselbe Spannungszustand herrscht. Die Größe der einzelnen Elemente muss dabei über das gesamte Bauteil keineswegs gleich sein, wobei die Anzahl der Elemente über die Genauigkeit des Ergebnisses bestimmt.
Claims (7)
- Verfahren zur Berechnung eines Kennwerts zur Auswahl eines geeigneten Werkstoffs für ein Bauteil, insbesondere im Automobilbau, mit folgenden Verfahrensschritten: – für mehrere Lastfälle des Bauteils wird jeweils innerhalb eines begrenzten Bereichs des Bauteils eine Spannungsverteilung ermittelt, – aus der jeweiligen Spannungsverteilung innerhalb des Bereichs des Bauteils werden eine erste Hauptnormalspannung und eine zweite Hauptnormalspannung ermittelt, – aus der jeweiligen ersten Hauptnormalspannung und der jeweiligen zweiten Hauptnormalspannung wird ein jeweiliger Hauptnormalspannungsfaktor berechnet, – aus der Summe der ersten Hauptnormalspannung und der zweiten Hauptnormalspannung des jeweiligen Lastfalls wird für jeden Lastfall ein Gewichtungsfaktor berechnet, – für jeden begrenzten Bereich wird aus der Orientierung der betragsmäßig größten Hauptnormalspannung ein Referenzwinkel als Mittelwert der jeweiligen Orientierungen berechnet und aus dem jeweiligen Referenzwinkel wird für jeden begrenzten Bereich ein Orientierungsfaktor ermittelt, – der Hauptnormalspannungsfaktor, der Gewichtungsfaktor und der Orientierungsfaktor werden zur Bildung des Kennwerts miteinander multipliziert.
- Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Spannungsverteilung in den jeweiligen begrenzten Bereichen mittels einer Finite-Elemente-Methode ermittelt wird.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Orientierungsfaktor nach folgender Formel berechnet wird: wobei σ1 = erste Hauptnormalspannung, σ2 = zweite Hauptnormalspannung, αref,j = Referenzwinkel, αi = Winkel der größten Hauptnormalspannung und m = Anzahl der Lastfälle.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass mittels des Kennwerts zwischen einem isotropen und einem anisotropen Werkstoff für das Bauteil ausgewählt wird.
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