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Die Erfindung betrifft einen Neigungsaufnehmer, enthaltend einen Beschleunigungsmesser mit zwei zueinander senkrechten Eingangsachsen (x, y), die eine zu den Eingangsachsen senkrechte dritte Achse (z) definieren, wobei der Beschleunigungsmesser Messsignale nach Maßgabe der Beschleunigungen in Richtung der beiden Eingangsachsen liefern und die dritte Achse (z) senkrecht zur Richtung der Erdbeschleunigung angeordnet ist, wobei weiterhin
- (a) Mittel zur Bestimmung des Quadranten eines Neigungswinkels (φ) des Beschleunigungsmessers um die dritte Achse (z) aus den beiden Messsignalen des Beschleunigungsmessers und
- (b) Mittel zur Bestimmung des Neigungswinkels aus den beiden Messsignalen und aus dem bestimmten Quadranten vorhanden sind,
- (c) der Neigungswinkel der Winkel zwischen einer der Eingangsachsen (x) und einer Horizontalen ist.
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Bei bekannten Neigungsaufnehmern mit zweiachsigen Beschleunigungsmessern liegen die Eingangsachsen x und y im Ausgangszustand beide in einer Horizontalebene. Eine zu den beiden Eingangsachsen senkrechte dritte Achse z ist vertikal angeordnet. Bei einer Drehung des Neigungsaufnehmers um einen Winkel α um die Eingangsachse x liefert die Eingangsachse y ein Messsignal ax = g sinα, wobei g die Erdbeschleunigung ist. Bei einer Drehung des Neigungsgebers um einen Winkel β um die Eingangsachse y liefert die Eingangsachse x ein Messsignal ay = g sinβ. Der Messbereich einer solchen Anordnung ist rein theoretisch ±90°. Durch die begrenzte Auflösung der gemessenen Beschleunigungen ist der reale Messbereich jedoch wesentlich kleiner. Die Winkelauflösung ist proportional dem Kosinus des Winkels. Somit ist die Winkelauflösung bei 60° nur noch die Hälfte der Winkelauflösung bei 0°. Bei 90° ist die Winkelauflösung null.
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Ein weiterer Nachteil dieser Neigungswinkelmessung besteht darin, dass Beschleunigungen des Neigungsaufnehmers in Richtung der Eingangsachsen das Messergebnis stark verfälschen. Wenn z. B. der Neigungsaufnehmer so orientiert ist, dass die Eingangsachsen x und y in der Horizontalebene liegen, und translatorisch mit 1 g in x- oder y-Richtung beschleunigt wird, beträgt der Messfehler 90°.
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In der Druckschrift
EP 48 212 A1 wird ein Kurs-Lage-Referenzgerät mit einem Lagekreisel offenbart. Die Drallachse des Lagekreisels ist im Wesentlichen horizontal und somit senkrecht zur Richtung der Erdbeschleunigung ausgerichtet. Weiterhin werden insgesamt vier Neigungssensoren beschrieben, welche durch Beschleunigungssensoren ausgebildet sein können. Jeweils zwei Neigungssensoren sind mit zueinander senkrechten Eingangsachsen in einer Ebene angeordnet. Dadurch lässt sich die Neigung der Ebene gegenüber der Horizontalen, d. h. der Rollwinkel und der Nickwinkel der Ebene bestimmen. Dabei wird von kleinen Nick- und Rollwinkeln ausgegangen, welche im ersten oder vierten Quadranten liegen. Eine zu den beiden Eingangsachsen senkrechte dritte Achse ist im Wesentlichen vertikal, also parallel zur Erdbeschleunigung ausgerichtet. Auch in der
EP 48 212 A1 ist eine Messung eines Neigungswinkels von ±90° oder mehr mit den beschriebenen Neigungssensoren nicht vorgesehen. Vielmehr wird von kleinen Neigungswinkeln ausgegangen und somit der Quadrant des Neigungswinkels a priori auf den ersten oder vierten Quadranten festgelegt.
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Die Druckschrift
US 2003/0158699 A1 beschreibt einen Sensor zur Erfassung von Orientierung. Der Sensor verfügt insbesondere über drei zueinander orthogonale Beschleunigungsmesser, welche Nick-, Roll und Gier-Winkel relativ zum Erdmagnetfeld bzw. Gravitationsfeld ermitteln. Der Nickwinkel kann dabei über einen Winkelbereich von 360° aufgelöst werden.
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Die Druckschrift
DE 197 19 564 A1 offenbart eine Vorrichtung zur Bestimmung eines Drehwinkels einer Welle, wobei aus einem Sinus- und einem Kosinus-Signal eines Winkelgebers ein Quadrant bestimmt wird und mit entsprechend der Steigung der Signale im Quadranten gewählten Vorzeichen die Winkellage aus den Signalen durch Summation und Offset-Addition dargestellt wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, einen Beschleunigungen messenden Neigungsaufnehmer zu schaffen, der eine Winkelmessung über einen großen Winkelbereich, vorzugsweise über 360° gestattet.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe mit einem Neigungsaufnehmer der eingangs genannten Art dadurch gelöst, dass
- (d) die Mittel zur Bestimmung des Quadranten Mittel (26) enthalten zur Feststellung, ob der Sinus des Neigungswinkels (φ) größer ist als der Kosinus des Neigungswinkels oder ob bei Gleichheit von Sinus und Kosinus der Kosinus negativ ist, wobei der Neigungswinkel bei Vorliegen dieser Bedingungen im zweiten oder dritten Quadranten zwischen > 45° und ≤ 225° liegt und bei Nichtvorliegen dieser Bedingungen im ersten oder vierten Quadranten ≤ 45° oder > 225° liegt,
- (e) die Mittel zur Bestimmung des Quadranten weiterhin für den zweiten und dritten Quadranten Mittel (38) enthalten zur Feststellung, ob der Absolutbetrag des Sinus des Neigungswinkels größer ist als der Absolutbetrag des Kosinus des Neigungswinkels, wobei bei Vorliegen dieser Bedingung der Neigungswinkel (φ) im zweiten Quadranten und bei Nichtvorliegen dieser Bedingung der Neigunkungswinkel (φ) im dritten Quadranten liegt, und
- (f) die Mittel zur Bestimmung des Quadranten ferner für den ersten und vierten Quadranten Mittel (36) enthalten zur Feststellung, ob der Absolutbetrag des Sinus des Neigungswinkels größer ist als der Absolutbetrag des Kosinus des Neigungswinkels, wobei bei Vorliegen dieser Bedingung der Neigungswinkel (φ) im vierten Quadranten und bei Nichtvorliegen dieser Bedingung der Neigungswinkel (φ) im ersten Quadranten liegt.
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Bei einer solchen Anordnung liefern bei Drehung des Neigungsaufnehmers um den Winkel φ um die „dritte” Achse (z) die beiden Eingangsachsen x und y Messsignale ax = g cosφ ay = g sinφ.
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Die Messsignale sind somit proportional dem Kosinus bzw. dem Sinus des Drehwinkels. Der Kosinus und der Sinus sind je nach dem Quadranten des Drehwinkels positiv oder negativ. Aus der Kombination dieser Messsignale kann daher auf den Quadranten des Drehwinkels geschlossen werden. Aus den Messsignalen kann der Drehwinkel unter Berücksichtigung des Quadranten berechnet werden. Durch Addition geeigneter fester Versatzwerte kann dann ein Ausgangssignal erzeugt werden, welches über einen Winkelbereich von 360° hinweg ein eindeutiges Maß für den Drehwinkel liefert.
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Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist nachstehend unter Bezugnahme auf die zugehörigen Zeichnungen näher erläutert.
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1 ist eine schematisch perspektivische Darstellung und zeigt einen Neigungsaufnehmer mit zwei zueinander senkrechten Eingangsachsen x und y und einer zu den beiden Eingangsachsen senkrechten dritten Achse z.
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2 zeigt die Drehung des Neigungsaufnehmers von 1 um die horizontal angeordnete dritte Achse z.
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3 ist ein Diagramm und zeigt die bei einer Drehung des Neigungsaufnehmers über 360° an den Eingangsachsen auftretenden Messsignale und deren Verhältnisse
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4 ist ein Flussdiagramm und zeigt die Signalverarbeitung zur Bestimmung der Quadranten.
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5 ist ein Diagramm und zeigt das Ausgangssignal des Neigungsaufnehmers in Abhängigkeit vom Drehwinkel.
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In 1 ist mit 10 ein Neigungsaufnehmer bezeichnet. Der Neigungsaufnehmer 10 ist mit Besehleunigungs-Messmitteln aufgebaut. Die Beschleunigungs-Messmittel sind vorzugsweise von einem zweiachsigen Beschleunigungssensor gebildet. Die Beschleunigungs-Messmittel haben zwei zueinander senkrechte Eingangsachsen x und y. Sie messen die Beschleunigungen in Richtung der Eingangsachsen x bzw. y. Das sind normalerweise die Komponenten der Erdbeschleunigung g. Senkrecht zu den beiden Eingangsachsen x und y ist eine dritte Achse z definiert.
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Nach der Erfindung erstreckt sieh die dritte Achse z horizontal. Der Neigungsaufnehmer 10 ist um diese Achse z drehbar. Gemessen werden soll der Drehwinkel φ um die Achse z. Im Ausgangszustand erstreckt sich die Eingangsachse x ebenfalls horizontal. Die andere Eingangsachse y verläuft vertikal in Richtung der Erdbeschleunigung. Der Winkel φ ist der Winkel, um welchen sich die Eingangsachse x um die Achse z aus der Horizontalen herausgedreht hat. Das ist in 2 dargestellt. An den Eingangsachsen x und y werden Komponenten der Erdbeschleunigung gemessen ax = g cosφ ay = g sinφ.
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Die Komponenten sind somit proportional dem Kosinus bzw. dem Sinus des Drehwinkels φ.
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In 3 ist der Verlauf des Kosinus und des Sinus durch die Kurven 12 bzw. 14 dargestellt. Die Kosinus- und Sinusfunktionen sind über 360° hinweg mehrdeutig. Aus den Werten bzw. Vorzeichen beider Winkelfunktionen kann aber der Quadrant bestimmt werden, in welchem der Drehwinkel liegt.
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In 3 sind vier Quadranten QI, QII, QIII und QIV definiert Dabei erstreckt sich
Quadrant QI von 315° bis 45°
Quadrant QII von 45° bis 135°
Quadrant QIII von 135° bis 225°
Quadrant QIV von 225° bis 315°
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In 3 ist weiterhin das Verhältnis der Beschleunigungen an den beiden Eingangsachsen dargestellt, das dem Tangens bzw. dem Kotangens des Drehwinkels entspricht. Im ersten Quadranten QI von 3 ist Kurve 16 der Tangen des Drehwinkels φ. Kurve 18 in 3 gibt den Kotangens des Drehwinkels φ wieder. In dem dritten Quadranten QIII gibt Kurve 20 wieder den Tangens des Drehwinkels φ wieder, und im vierten Quadranten QIV zeigt Kurve 22 wieder den Tangens des Drehwinkels φ.
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Aus den Winkelfunktionen Sinus und Kosinus kann der Quadrant bestimmt werden, in welchem der Drehwinkel liegt. Das ist in dem Flussdiagramm von 4 dargestellt.
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Eingegeben werden sinφ und cosφ. Das ist in 4 durch Block 24 dargestellt. Als nächstes wird geprüft, ob die Bedingung (sinφ > cosφ) oder (sinφ = cosφ und cos < 0) erfüllt ist. Das ist in 4 durch Block 26 dargestellt.
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Ist das der Fall (j), liegt der Drehwinkel φ im zweiten Quadranten QII oder im dritten Quadranten QIII, ist also > 45° und ≤ 225. Man kann das anhand von 3 verifizieren: Zwischen 45° und 225° verläuft die Kurve 14 des Sinus oberhalb der Kurve 12 des Kosinus. Wenn Sinus und Kosinus gleich sind, nämlich in den Punkten 28 bei 45° und 30 bei 225° von 3, muss der Kosinus negativ sein, was im Punkt 30 der Fall 151. Der Wert 225° liegt noch im dritten Quadranten QIII, während der Wert 45° noch nicht im zweiten Quadranten QII liegt.
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Ist die Bedingung nicht erfüllt, dann liegt der Drehwinkel φ entweder im ersten Quadranten QI oder im vierten Quadranten QIV, d. h. ist entweder ≤ 45° oder > 225°. Auch das kann man anhand von 3 verifizieren: Im vierten Quadranten QIV für Werte > 225° bis 315° verläuft die Kurve 12 des Kosinus oberhalb der Kurve 14 des Sinus. Das gleiche gilt den ersten Quadranten QI für Werte von 315 (links in 3) bis 45°. Im Punkt 28 ist der Kosinus positiv, also nicht negativ. Der Wert 45° gehört zu dem ersten Quadranten QI. Im Punkt 30 ist der Kosinus negativ. Der Punkt 225 gehört daher nicht zum vierten Quadranten QIV.
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Aus den beiden Signalen der Eingangsachsen x und y ist somit der Drehwinkel φ auf jeweils zwei Quadranten eingegrenzt. Das ist in 4 durch die Blöcke 32 und 34 dargestellt.
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Es wird jetzt sowohl bei einem Ergebnis gemäß Block 32 als auch bei einem Ergebnis gemäß Block 34 geprüft, ob der Absolutbetrag des Sinus größer ist als der Absolutbetrag des Kosinus, also |sinφ| > |cosφ|,
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Das ist in 4 durch die Rhomben 36 bzw. 38 dargestellt. Wenn eine Eingrenzung gemäß Block 32 erfolgt ist, dann liegt der Drehwinkel φ bei Vorliegen dieser Bedingung gemäß Rhombus 36 (j) im vierten Quadranten QIV, d. h. ist > 225° und < 315°. Ist die Bedingung nicht erfüllt (n), liegt der Drehwinkel im ersten Quadranten QI, d. h. ist ≥ 315° und ≤ 45°. Das ist in 4 durch die Blöcke 41) bzw. 42 dargestellt Bei einer Eingrenzung gemäß Block 34 liegt der Drehwinkel φ bei Vorliegen der Bedingung gemäß Rhombus 38 (j) im zweiten Quadranten QII, d. h. ist > 45° und < 135°. Ist die Bedingung gemäß Rhombus 38 nicht erfüllt (n), dann liegt der Drehwinkel φ im dritten Quadranten QIII, d. h. ist ≥ 135° und ≤ 225°. Das ist in 4 durch Blöcke 44 bzw. 46 dargestellt.
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Das kann wieder anband von 3 verifiziert werden. Im vierten Quadranten ist der Absolutbetrag des Sinus (Kurve 14) größer als der Absolutbetrag des Kosinus (Kurve 12). Im ersten Quadranten QI ist der Absolutbetrag des Sinus (Kurve 14) kleiner als der Absolutbetrag des Kosinus (Kurve 12). Im zweiten Quadranten QII ist der Absolutbetrag des Sinus (Kurve 14) größer als der Absolutbetrag des Kosinus (Kurve 12). Im dritten Quadranten QIII ist das nicht der Fall: Dort ist der Absolutbetrag des Kosinus (Kurve 12) größer als der Absolutbetrag des Sinus (Kurve 14).
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Auf diese Weise ist der Quadrant des Drehwinkels φ eindeutig festgelegt.
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Als nächster Schritt werden nun abhängig von dem festgestellten Quadranten die für die verschiedenen Quadranten erhaltenen Tangens- oder Kotangens-Funktionen mit geeignetem Qrdinatenversatz so aneinandergesetzt, daß ein sich annähernd linear mit dem Drehwinkel φ sich änderndes Ausgangssignal ergibt.
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In Abhängigkeit von dem festgestellten Quadranten wird das Ausgangssignal wie folgt gewählt:
Quadrant QI: 1 + (sinφ/cosφ)
Quadrant QII 3 – (cosφ/sinφ)
Quadrant QII 5 + (sinφ/cosφ)
Quadrant QIV 7 – (cosφ/sinφ)
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Es ergibt sich so ein winkelabhängiges Ausgangssignal 48. wie es in 5 dargestellt ist. Die Kurven 12 bis 22 sind unten in 5 mit eingezeichnet.
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Wenn beispielsweise durch die Signalverarbeitung gemäß 4 festgestellt ist, daß der Drehwinkel φ im Dritten Quadranten QIII liegt, dann wird aus den an den Eingangsachsen x und y erhaltenen Signalen das Verhältnis gebildet, das dem Tangens des Drehwinkels entspricht. Dieses Verhältnis entspricht Kurve 20 in 3. Zu dem (positiven oder negativen) Tangen wird die Zahl 5 addiert. Das ergibt ein Ausgangssignal gemäß Kurve 48, das eindeutig dem Winkel φ zugeordnet ist. Somit steht ein Messwert im Bereich von 0° bis 360° zur Verfügung. Die Kennlinie 48 hat einen Linearitätsfehler. Dieser Linearitätsfehler kann durch Addition oder Subtraktion von Korrekturwerten ausgeglichen werden.
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Ein weiterer Vorteil des beschriebenen Neigungsaufnehmers besteht darin, dass Beschleunigungen in Richtung der Eingangsachsen x oder y das Messergebnis weniger stark verfälschen als bei den oben erwähnten bekannten Neigungssensoren. Wenn beispielsweise der Neigungsaufnehmer senkrecht zu der z-Achse mit 1 g beschleunigt wird, dann beträgt der Messfehler nur 45°.