DE10155536B4 - Verfahren zur Verbesserung des Regelverhaltens einer blockiergeschützten Bremsanlage - Google Patents
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Abstract
Verfahren zur Verbesserung des Regelverhaltens einer blockiergeschützten Bremsanlage mit individueller Regelung des Bremsdrucks in Hinterradbremsen und mit einer Giermomentenbeeinflussung (GMB) an einer Vorderradbremse, wobei die aktuell wirksame Regelstrategie verworfen wird und eine Sonderregelung an wenigstens einer Hinterradbremse durchgeführt wird, wenn erkannt wurde, dass das den Bremsdruck führende Hinterrad dem Vorderrad an dem eine Giermomentenbeeinflussung aktiv ist, diagonal gegenüber liegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonderregelung an einem dem Niedrigreibwert-Hinterrad gegenüberliegenden Hochreibwert-Hinterrad auf Basis von Sonderregelzyklen durchgeführt wird, wobei sich die Struktur eines ersten Regelzyklus von der Struktur eines oder mehrerer nachfolgender Regelzyklen unterscheidet.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verbesserung des Regelverhaltens einer blockiergeschützten Bremsanlage gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Ein Verfahren mit den Oberbegriffsmerkmalen des Anspruchs 1 ist aus der
DE 41 07 278 A1 bekannt. Vorderradbremsen von Kraftfahrzeugen werden individuell geregelt. Die Regelung des Bremsdrucks in Hinterradbremsen erfolgt individuell oder nach dem sogenannten Select-Low-Prinzip. Das Select-Low-Prinzip ist dadurch charakterisiert, daß der Bremsdruck an beiden Hinterrädern durch das Hinterrad bestimmt ist, das die größere Neigung zur Instabilität zeigt, und deshalb „den Bremsdruck (für beide Räder) führt”. Eine Bremsung im Antiblockier-Modus erfolgt üblicherweise nach dem Select-Low-Prinzip. Select-Low ermöglicht eine hohe Fahrstabilität, weil zumindest ein Hinterrad tendenziell unterbremst wird. - Bei geringen Hinterradaufstandskräften in Verbindung mit μ-Split-Bedingungen sind Fahrsituationen möglich, bei denen das Select-Low-Prinzip zur Stabilisierung des Fahrzeugs nicht ausreicht. Für diese Fälle eignet sich eine sogenannte Giermomentenbeeinflussung (GMB). Eine GMB beruht darauf, den Bremsdruckaufbau bei Regelbeginn an einem Hochreibwert-Vorderrad verzögert, gepulst oder zeitweise konstant haltend vorzunehmen, so daß ein, einer Giertendenz entgegengerichtetes (Brems-)Moment um die Fahrzeughochachse entsteht. Ein Lenkeingriff (Gegenlenken) des Fahrzeugführers bei ausbrechendem Fahrzeug wird dadurch obsolet oder zumindest verzögert beziehungsweise gehemmt.
- Das Select-Low-Prinzip und die Giermomentenbeeinflussung ergänzen einander im Sinne einer verbesserten Fahrzeugstabilisierung, aber sie bewirken auch eine Reduktion der Bremsleistung wegen teilweiser Unterbremsung an einem Hinterrad und teilweise verzögertem Druckaufbau an einem Vorderrad.
- Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Maßnahmen anzugeben, welche eine Verbesserung der Bremsleistung bei gleichzeitig geringer Giertendenz bei μ-Split-Situationen ermöglicht.
- Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruch 1 gelöst. Einzelheiten der Erfindung gehen aus Unteransprüchen sowie der Beschreibung anhand der Zeichnung hervor. Die einzige Zeichnung zeigt schematisch Bremsdruck- sowie Radgeschwindigkeitsverläufe (pLM, pHM, vLM, vHM) von Hinterrädern bei μ-Split-Bedingungen in Abhängigkeit von der Zeit t.
- Eine radindividuelle Sonderregelung an den Hinterradbremsen wird durchgeführt, wenn das den Bremsdruck führende Hinterrad dem Vorderrad, an dem eine GMB aktiv ist, diagonal gegenüber liegt. Es wird folglich in Abhängigkeit von den herrschenden Bedingungen eine radindividuelle Sonderregelung in einem Betriebsbereich vorgenommen, welcher aufgrund bisheriger Eingriffskriterien dem Select-Low-Modus vorbehalten ist. Überraschend hat sich erwiesen, daß diese Vorgehensweise auf μ-Split-Untergrund eine verbesserte Bremsleistung bei verbessertem Stabilitätsverhalten ermöglicht. Generell muß an einem Hochreibwert-Rad der Vorderachse eine Giermomentenbeeinflussung aktiv sein. Anderenfalls kann die Sonderregelung an der Hinterachse nicht durchgeführt werden.
- Die Sonderregelung wird auf Basis von Sonderregelzyklen primär an dem Hochreibwert-Rad der Hinterachse durchgeführt. Dieses Rad befindet sich bei μ-Split-Untergrund gegenüber dem „führenden Niedrigreibwert-Hinterrad” auf einer Seite des Fahrzeugs auf der auch die Giermomentenbeeinflussung eines Vorderrades aktiv ist.
- An dem Hochreibwert-Rad der Hinterachse wird in der Sonderregelung eine spezielle Druckmodulation vorgenommen. Auslöser für einen Regelungsbeginn mit Druckmodulation ist das Drehverhalten des Hinterrades mit größerer Instabilitätstendenz – in der Regel das Niedrigreibwert-Hinterrad. Der Druckabbau und der anschließende Druckaufbau an dem Hochreibwert-Rad erfolgt im ersten Regelzyklus anders als in gegebenenfalls nachfolgenden Regelzyklen. Der erste Regelzyklus beginnt bei t1 – für das Niedrigreibwert-Hinterrad und das Hochreibwert-Hinterrad einheitlich – mit einer schlupfbedingten Druckabbauphase und endet nach einer Druckaufbauphase am Übergang zu einer nachfolgenden Druckabbauphase des nächsten Regelzyklus. In dem ersten Regelzyklus wird der Druckabbau des Hinterrads, das sich auf Niedrigreibwert befindet, erfasst, um einen vorgegebenen vorzugsweise prozentual bemessenen Anteil verringert, und der entsprechend verringerte Druckabbau an dem Hochreibwert-Hinterrad vorgenommen. Die Höhe der prozentualen Reduktion ist zum Zweck von Fahrzeugabstimmungen grundsätzlich variierbar. Höhere Bremsdruckreduktionen am Hochreibwert-Hinterrad bewirken größere Stabilität bei geringerer Verzögerungsleistung und umgekehrt. Es versteht sich, daß die Abstimmung weiterhin die vorgegebenen Geometriegrößen wie insbesondere Achsabstand berücksichtigt. Die Bemessung der gekoppelten Bremsdruckreduktion erfolgt auch in Abhängigkeit davon, ob und welche Gegenlenkmaßnahmen einem bestimmten Kundenkreis zugemutet werden können. Die Höhe der Reduktion beeinflußt folglich die Fahrzeugabstimmung und die Bremswegreduktion.
- Eine verstärkte Bremsdruckreduktion am Hochreibwert-Hinterrad fängt das sich aufbauende Giermoment beim Anbremsen auf μ-Split-Untergrund ab. Andererseits herrscht zwischen den beteiligten Radbremsen – im Unterschied zu einer Select-Low-Regelung – eine Druckdifferenz, wobei verstärkt Bremsdruck in der Radbremse des Hochreibwert-Hinterrades verbleibt. Im Anschluß an die bei t2 beendete Druckabbauphase erfolgt an beiden Rädern eine Druckaufbauphase, bis das Niedrigreibwert-Hinterrad zum Zeitpunkt t3 wieder zur Instabilität tendiert. Dies erfordert einen Druckabbau.
- Der nachfolgende (zweite) Regelzyklus beginnt bei t3 mit einer Druckabbauphase an beiden Rädern. Der Druckabbau an dem Hochreibwert-Hinterrad ist fest vorgegeben und bewirkt eine vorgegebene Druckreduktion. Der Druckabbau ist im Vergleich zu dem Druckabbau am Niedrigreibwert-Hinterrad wesentlich geringer. Wie aus der Figur zu ersehen ist, verläuft der Druckabbau insgesamt flacher. Zum Ende des Druckabbaus verbleibt am Hochreibwert-Hinterrad ein höheres Druckniveau, als an dem Niedrigreibwert-Hinterrad. Der Druckabbaupuls (am Hochreibwert-Hinterrad) verfügt beispielsweise über ein festes Raster mit einer Dauer von 5 Millisekunden bei einer Pausenzeit von 7 Millisekunden, um die erforderliche Seitenführung und gleichzeitig eine Druckdifferenz zwischen den Radbremsen der Hinterachse aufrechtzuerhalten beziehungsweise aufzubauen.
- Nach Stabilisierung des Niedrigreibwert-Rades zum Zeitpunkt t4 erfolgt eine schrittweise Druckaufbauphase an beiden Hinterrädern bis t5 erreicht ist. Auch in der Druckaufbauphase herrscht zwischen den beiden Radbremsen eine Druckdifferenz, welche sich mit fortschreitender Dauer der Regelzyklen scherenartig erweitert. Dies ist in der Figur anhand der tendenziell wachsenden Druckdifferenz zwischen Hochreibwert- und Niedrigreibwert-Hinterrad zu erkennen. Generell wird das Hochreibwert-Hinterrad verstärkt abgebremst, um den Bremsweg zu reduzieren. Gleichzeitig hat der Fahrzeugführer Gelegenheit, ein – infolge wachsender Druckdifferenz – wachsendes Giermoment durch aktives Gegenlenken zu kompensieren.
- Die Beeinflussung des Druckaufbau erfolgt innerhalb der Sonderregelung anhand einer Pausenzeit zwischen zwei Druckaufbaupulsen. Die Pausenzeit kann wahlweise in Millisekunden oder in Loop angegeben werden, wobei eine Loop eine definierte Zeitdauer in Millisekunden entspricht.
- Eine in Abhängigkeit von den herrschenden Fahrbedingungen berechnete Pausenzeit zwischen zwei Druckaufbaupulsen setzt sich additiv aus folgenden Anteilen zusammen. Einem konstanten Anteil, einem Anteil der von der Fahrzeuggeschwindigkeit abhängt, einem Anteil, der von der Fahrzeugverzögerung abhängt, und einem Anteil, der vom Schlupf des Hochreibwert-Rades abhängt. Sobald der gefilterte Radschlupf des Hochreibwert-Rades oberhalb einer bestimmten Schlupfschwelle liegt, wird die Pausenzeit – unabhängig von den übrigen Einflussgrößen – um den konstanten Anteil von beispielsweise 10 Loop erhöht, um einer Instabilitätstendenz des Rades entgegenzuwirken. Der geschwindigkeitsabhängige Anteil ist geschwindigkeitsproportional und wird oberhalb einer bestimmten Fahrzeuggeschwindigkeitschwelle aktiviert. Der Anteil entfällt folglich unterhalb der besagten Geschwindigkeitsschwelle. Der verzögerungsabhängige Anteil ist nur in einem unteren Geschwindigkeitsbereich, vorzugsweise bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h, wirksam. Dieser Anteil berücksichtigt die herrschende Fahrzeugverzögerung. Der Anteil wird je 0,1 g herrschender Verzögerung um eine Zeitdauer von etwa 1 Loop erhöht. Wenn eine Verzögerung von 0,3 g vorliegt, beträgt der verzögerungsabhängige Anteil 3 Loop. Der verzögerungsabhängige Anteil verhindert eine Giertendenz des Fahrzeugs gegen Ende des Bremsvorgangs kurz vor Fahrzeugstillstand, welche mit einer Lenkreaktion zur schwer zu kompensieren ist. Wie zu ersehen ist, hat der schlupfabhängige Anteil – als stabilitätsicherndes Element – den größten Anteil.
Claims (9)
- Verfahren zur Verbesserung des Regelverhaltens einer blockiergeschützten Bremsanlage mit individueller Regelung des Bremsdrucks in Hinterradbremsen und mit einer Giermomentenbeeinflussung (GMB) an einer Vorderradbremse, wobei die aktuell wirksame Regelstrategie verworfen wird und eine Sonderregelung an wenigstens einer Hinterradbremse durchgeführt wird, wenn erkannt wurde, dass das den Bremsdruck führende Hinterrad dem Vorderrad an dem eine Giermomentenbeeinflussung aktiv ist, diagonal gegenüber liegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonderregelung an einem dem Niedrigreibwert-Hinterrad gegenüberliegenden Hochreibwert-Hinterrad auf Basis von Sonderregelzyklen durchgeführt wird, wobei sich die Struktur eines ersten Regelzyklus von der Struktur eines oder mehrerer nachfolgender Regelzyklen unterscheidet.
- Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in dem ersten Sonderregelzyklus der Druckabbau des Niedrigreibwert-Hinterrades für einen Druckabbau an dem Hochreibwert-Hinterrad übernommen, und um einen vorgegebenen prozentualen Anteil verringert wird.
- Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß zu Beginn eines zweiten Regelzyklus an dem Hochreibwert-Hinterrad ein Druckabbau von fest vorgegebener Höhe vorgenommen wird.
- Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß zur Beeinflussung eines Druckaufbau in einem zweiten oder nachfolgenden Regelzyklen eine Pausenzeit zwischen zwei Druckaufbaupulsen vorgesehen ist, und um einen konstanten Anteil erhöht wird, wenn erkannt wurde, daß der gefilterte Radschlupf des Hochreibwert-Hinterrades oberhalb einer vorgegebenen Schlupfschwelle liegt.
- Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Pausenzeit zwischen zwei Druckaufbaupulsen um einen geschwindigkeitsproportionalen Anteil erhöht wird, wenn sich die aktuelle Fahrzeugfahrgeschwindkeit oberhalb einer Fahrzeuggeschwindigkeitsschwelle befindet.
- Verfahren nach Anspruch 3, 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Pausenzeit zwischen zwei Druckaufbaupulsen unterhalb einer vorgegebenen Fahrzeuggeschwindigkeitsschwelle um einen verzögerungsabhängigen Anteil erhöht wird.
- Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Pausenzeit um je eine Loop je 0,1 g Verzögerung erhöht wird.
- Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß nach einer Deaktivierung der Sonderregelung in eine Select-Low-Regelung gewechselt wird.
- Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Sonderregelung deaktiviert wird, wenn die Giermomentenbeeinflussung inaktiv ist, und/oder wenn das den Bremsdruck führende Rad nicht diagonal zu dem Rad angeordneten ist, an dem die Giermomentenbeeinflussung erfolgt.
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