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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur automatisierten Berechnung
von Qualitätsfähigkeitskenngrößen für die Beurteilung
eines Produktionsprozesses anhand von Meßwertdaten mittels Verwendung eines
digitalen Verarbeitungssystems sowie einen Programmdatenträger mit
gespeicherten Programmbefehlen für
die Ausführung
des Verfahrens und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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In
allen Industrie- und Wirtschaftssektoren entstehen durch ganz unterschiedliche
Prozesse ständig
die verschiedensten Produkte sowohl für das tägliche Leben als auch für anspruchsvolle
Bedürfnisse.
Jede Abweichung von einem optimalen Prozeßverlauf kann zu einem im Ergebnis
finanziellen Verlust für
das den Prozeß durchführende Unternehmen
führen.
Es ist deshalb von großer
Wichtigkeit, diese Prozesse so zu lenken und zu überwachen, daß sie ohne
Störungen
arbeiten und die gewünschten
Produkte liefern.
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Zweck
einer Prozeßbeurteilung
ist es, anhand von ausgewählten
Meßwerten
fundierte Kenntnisse über
einen Prozeß zu
gewinnen. Ausgehend von diesen Kenntnissen kann dann der Prozeß effizient
und effektiv so gelenkt werden, daß die von ihm realisierten
Produkte oder Dienstleistungen die vorgegebenen Qualitätsforderungen
erfüllen.
Eine Prozessbeurteilung ist dabei stets die Beurteilung nach vorgegebenen
Kriterien von einem oder mehreren Merkmalen, die als bedeutsam für den Prozess
ausgewählt
wurden. Es ist allerdings für
die praktische Durchführung
einer Prozessbeurteilung oft einfacher, statt schwer erfassbarer
Prozessmerkmale die damit korrelierenden Produktmerkmale zu messen
und zu erfassen.
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Die
betrachteten Merkmalswerte werden dabei typischerweise aus Stichproben
ermittelt, die als repräsentativ
für das
betrachtete Prozessmerkmal bzw. das korrelierende Produktmerkmal
angesehen werden. Für
die zur Prozessbeurteilung herangezogenen Merkmale werden dann aussagekräftige Qualitätsfähigkeitskenngrößen mittels
statistischer Methoden aus den stichprobenartig gemessenen Merkmalswerten
berechnet.
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In
den verschiedenen Industrie- und Wirtchaftssektoren können die
einzelnen Prozessmerkmale außerordentlich
unterschiedlich und vielfältig
sein. Darüber
hinaus können
einzelne Prozess- oder Produktmerkmale sehr unterschiedliche Verteilungen
von Merkmalswerten sowie völlig
unterschiedliche zeitliche Entwicklungen dieser Verteilungen aufweisen.
Obwohl für
die Beurteilung der Qualitätsfähigkeit
von Prozessen sowohl durch internationale, regionale und nationale
Normungsgremien als auch durch die Industrie zahlreiche Normen erstellt wurden,
konnte bisher keine eindeutige, international gültige Terminologie etabliert
werden. Eine übereinstimmend
verwendete Terminologie ist für
die Diskussion und Dokumentation von Zielen, Aufgaben und Ergebnissen
eines Prozessmanagements von grundlegender Wichtigkeit. Auch wenn
durch Benennung und Einhaltung einer bestimmten Norm berechnete Qualitätsfähigkeitskenngrößen eindeutig
einem zu beurteilenden Prozessmerkmal zugeordnet werden können, so
kann der berechnete Wert der Qualitätsfähigkeitskenngröße in Abhängigkeit
von der Auswertestrategie und der einzelnen statistischen Berechnungsschritte
erheblich schwanken. Ausgehend von den selben Merkmalsinformationen
kann deshalb die auf Qualitätsfähigkeitskenngrößen gestützte Entscheidung,
ob ein Prozess erwartungsgemäß und zufriedenstellend
verläuft
oder verändert
und optimiert werden muss, völlig
unterschiedlich ausfallen.
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Solche
Prozessbeurteilungen und Entscheidungen sind insbesondere dann mit
hohen finanziellen und organisatorischen Folgen verbunden, wenn umfangreiche
und komplexe Fertigungsanlagen für die
Produktherstellung notwendig sind. So können beispielsweise die Kosten
einzelner Fertigungsmaschinen der Automobilindustrie leicht mehrstellige Millionenbeträge ausmachen.
Die Entscheidung, ob eine bestimmte Fertigungsanlage die vom Automobilhersteller
vorgegebenen Qualitätsforderungen
erfüllt,
muss anhand der Ergebnisse weniger Testproduktionsläufe ermittelt
werden. Stellt sich später
heraus, dass die gekaufte Fertigungsanlage die Qualitätsforderungen
nicht erfüllt
und beispielsweise die Produkte mangelhaft sind oder die Anlage
hohe Ausfallzeiten aufweist, so muss nicht nur die betroffene Fertigungsanlage
verbessert oder ersetzt werden. Durch die verzögerte oder mangelhafte Herstellung einzelner
Bauteile können
beispielsweise verbindliche Lieferzusagen nicht eingehalten werden,
die Produktionslinien ganzer Automobilwerke ins Stocken geraten
oder aufwendige Rückholaktionen
von fehlerhaften Teilen mit einem damit verbundenen Imageverlust
notwendig werden.
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Durch
Normen wie beispielsweise DIN 55350-11 "Begriffe zu Qualitätsmanagement und Statistik;
Begriffe des Qualitätsmanagements" kann eine eindeutige
und einheitliche Terminologie vorgegeben und verwendet werden. Es
existieren ebenfalls verschiedene internationale und nationale Normen,
beispielsweise DIN 55319 "Qualitätsfähigkeitskenngrößen", mit denen eine
bessere Vergleichbarkeit der berechneten Kenngrößen erreicht werden soll. Derartige
Normierungen müssen
jedoch zwangsläufig
auf eine Vielzahl verschiedenster Prozesse anwendbar sein und sind
deshalb derart allgemein und abstrakt formuliert, so dass für die praktische
Durchführung
ein großer
Ermessenspielraum bleibt.
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Viele
größere, insbesondere
international tätige
Konzerne wie beispielsweise alle namhaften Automobilhersteller entwickeln
deshalb eigene Standards und Richtlinien für ihr Prozessmanagement.
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Die
Berechnung der einzelnen Kenngrößen aus
stichprobenartig gemessenen Merkmalswerten erfolgt mit Hilfe von
bekannten statistischen Methoden. Die Verteilung der gemessenen
Merkmalswerte wird dazu zunächst
durch eine vorgegebene, bekannte Verteilungsfunktion angenähert. Dabei
werden üblicherweise
Verteilungen wie die Normalverteilung, die logarithmische Normalverteilung
oder die Weibull-Verteilung
berücksichtigt,
die auf Grund ihrer mathematischen Eigenschaften eine große Anzahl der
in der Praxis vorkommenden Meßwertverteilungen
zufriedenstellend modellieren. Nachdem der gemessenen Merkmalsverteilung
die bestmöglich
annähernde
Modellverteilung zugeordnet wurde, können die Qualitätsfähigkeitskenngrößen als
Funktion von mit statistischen Methoden ermittelten Schätzwerten
für Kenngrößen des
ausgewählten
Verteilungszeitmodells berechnet werden.
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Es
ist eine Vielzahl statistischer Berechnungsverfahren zur Anpassung
von Modellverteilungen an vorgegebene Meßwertverteilungen oder zur Berechnung
statistischer Kenngrößen bekannt
und in erhältlichen
Computerprogrammen umgesetzt. Die einzelnen statistischen Verfahren
und Computerprogramme unterscheiden sich dabei hinsichtlich ihres Funktionsumfangs,
der Möglichkeiten
der Anpassung vorgegebener Modellverteilungen an die gemessenen
Merkmalswerte sowie der Effizienz, mit welcher die notwendigen Berechnungen
bei vorgegebener Speichergröße und Rechenleistung
durchgeführt
werden können.
Für die
Berechnung einer Qualitätsfähigkeitskenngröße muß zunächst mit
Hilfe eines der möglichen
statistischen Verfahren unter den vorgegebenen Modellverteilungen
diejenige ermittelt werden, die die gemessene Merkmalswertverteilung
bestmöglich
beschreibt, um dann von dieser Modellverteilung ausgehend statistische
Schätzwerte
und Kenngrößen und
als Funktion dieser Werte die Qualitätsfähigkeitskenngrößen zu berechnen.
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In
der Druckschrift
EP
1 052 586 A2 wird ein bekanntes Verfahren der eingangs
genannten Gattung zur Berechnung von Qualitätsfähigkeitskenngrößen für die Beurteilung
eines Produktionsprozesses anhand von Messwertdaten beschrieben.
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Im
Rahmen des Verfahrens wird eine Auswahl eines zutreffenden Verteilungsmodells
aus einer Anzahl von vorgegebenen Modellen getroffen und die Qualitätsfähigkeitskenngrößen in Abhängigkeit von
dem gewählten
Verteilungsmodells berechnet und angezeigt.
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Aufgabe
der Erfindung ist es, anhand von gemessenen Merkmalswerten eine
reproduzierbare und effiziente Berechnung aussagefähiger Qualitätsfähigkeitskenngrößen für die Beurteilung
eines Produktionsprozesses zu ermöglichen. Möglichst wenige vorgegebene
Modellverteilungen sollen dabei entscheidungsrelevante Merkmale
eines Produktionsprozesses möglichst
gut beschreiben, so daß mit möglichst
geringem Einsatz von Rechnerkapazität und Rechenleistung vergleichbare
Bewertungskriterien und Kenngrößen für die Beurteilung
eines Produktionsprozesses ermittelt werden können. Das Verfahren sollte
möglichst
automatisiert ablaufen können, um
auch bei der kontinuierlichen Kontrolle laufender Produktionsprozesse
eingesetzt werden zu können.
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Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
ein Verfahren zur automatisierten Berechnung von Qualitätsfähigkeitskenngrößen für die Beurteilung
eines Produktionsprozesses anhand von Meßwertdaten unter Anwendung
der folgenden Verfahrensschritte mittels Verwendung eines digitalen
Verarbeitungssystems: Bereitstellen der Meßwertdaten; elektronische Auswahl
eines zutreffenden Verteilungszeitmodells aus mehreren vorgegebenen
Verteilungszeitmodellen, wobei zumindest ein Verteilungszeitmodell
einen zeitlich sich ändernden
Mittelwert der Meßwerte
oder eine zeitlich sich ändernde Streuung
der Meßwerte
beschreibt; elektronische Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen als Funktion
von mit statistischen Methoden ermittelten Schätzwerten für Kenngrößen des ausgewählten Verteilungszeitmodells;
Anzeigen der Qualitätsfähigkeitskenngrößen. Die
Aufgabe wird auch gelöst durch
einen Programmdatenträger
sowie eine Vorrichtung mit den Merkmalen der Patentansprüche 10 und
19.
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Die
wenigsten Meßwerte
von Prozeßmerkmalen
können
mit Hilfe einer Normalverteilung beschrieben werden. Abweichungen
von der Normalverteilung können
beispielsweise durch Materialschwankungen der Ausgangsprodukte begründet sein
oder sind durch die Eigenschaften der betrachteten Merkmale vorgegeben,
die beispielsweise wie sämtliche
Form- und Lagemaße
eine natürliche Grenze
bei Null haben. Auf Grund von Verschleißerscheinungen des Werkzeugs
bzw. einer Fertigungsanlage oder auf Grund von Schwankungen des
Ausgangsmaterials treten nicht selten sich kontinuierlich verändernde
Mittelwerte oder Streuungen der gemessenen Merkmalswerte auf. Derartige
Prozeßmerkmale
bzw. damit korrelierende Produktmerkmale können sinnvollerweise nur dann
zu einer aussagefähigen
Beurteilung des Produktionsprozesses herangezogen werden, wenn die
zeitliche Veränderung der
jeweiligen Kenngrößen durch
geeignete Verteilungszeitmodelle beschrieben und entsprechende Test
bei der Auswertung berücksichtigt
wird.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird deshalb zunächst
mit vorgegebenen statistischen Testverfahren und -kriterien geprüft, ob der
Mittelwert und die Streuung der gemessenen Merkmalswerte über einen
vorgegebenen Zeitraum konstant ist. In Abhängigkeit davon wird aus den
vorgegebenen Verteilungszeitmodellen dasjenige bestimmt, was über den
gesamten Zeitraum der Meßwerterfassung
die gemessene Verteilung der Merkmalswerte bestmöglich beschreibt. Es ist dabei
denkbar, daß mittels
einer abschnittsweise durchgeführten
Trendkompensation die gemessenen Merkmalswerte in transformierte
Werte abgeändert
werden, die dann mit zeitlich konstanten Verteilungszeitmodellen
beschrieben werden können.
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Nach
der automatisierten Ermittelung des zutreffenden Verteilungszeitmodells
erfolgt die Berechnung und die Anzeige der Qualitätsfähigkeitskenngrößen in Abhängigkeit
von dem ausgewählten Verteilungszeitmodell.
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Die
Entscheidung zwischen einzelnen Verteilungszeitmodellen sowie die
elektronische Berechnung der Qualitätsfähigkeitsmodellen erfolgt dabei anhand
vorgegebener Kriterien gemäß einer
eindeutig vorgegebenen Auswertestrategie. Da die Berechnung und
Anzeige der Qualitätsfähigkeitskenngrößen vollständig automatisiert
nach einer bekannten Auswertestrategie abläuft, ist dadurch die identische Reproduzierbarkeit
der Ergebnisse gewährleistet. Die
berechneten Qualitätsfähigkeitskenngrößen verschiedener
Auswertezeiträume
oder Produktionsstätten
können
deshalb direkt miteinander verglichen werden.
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Einer
Ausführung
des Erfindungsgedankens zufolge ist vorgesehen, dass die Messwertdaten
automatisiert kontinuierlich über
einen vorgegebenen Zeitraum erfasst werden und in vorgegebenen Intervallen
eine Berechnung und Anzeige der Qualitätsfähigkeitskenngrößen erfolgt.
Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass einzelne Messgeräte direkt
mit dem Auswertecomputer verbunden werden und über eine Schnittstelle die
kontinuierlich gemessenen Werte in einem für die Auswertung geeigneten Datenformat übertragen.
In vorgegebenen Intervallen kann dann automatisiert die Berechnung
der Qualitätsfähigkeitskenngrößen durchgeführt werden und
somit eine automatisiert ablaufende kontinuierliche Kontrolle des
Produktionsprozesses erfolgen.
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Vorteilhafterweise
ist vorgesehen, dass extreme Messwerte innerhalb eines Datensatzes
von Messwerten automatisiert ermittelt und gelöscht werden. Kurzzeitige Störungen der
Messgeräte
oder Fehler bei der Übertragung
der Messergebnisse können
zu Messwerten führen,
die beispielsweise außerhalb
vorgegebener Plausibilitätsgrenzen
liegen können.
Es ist zweckmäßig, solche
Werte nicht zur Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen zu verwenden,
da ansonsten auf Grund fehlerhaft berechneter Kenngrößen beispielsweise
eine komplexe Fertigungsanlage angehalten und aufwendig überprüft wird,
obwohl die Produkte einwandfrei hergestellt wurden.
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Ein
digitales Verarbeitungssystem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann
hardwaremäßig oder
softwaremäßig oder
mittels einer geeigneten Kombination von Hardware- und Softwarekomponenten
realisiert werden. Ein Ausführungsbeispiel
eines derartigen digitalen Verarbeitungssystems wird in einer der
folgenden Figuren näher
beschrieben.
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Weitere
vorteilhafte Ausführungen
des Erfindungsgedankens sind Gegenstand weiterer Unteransprüche.
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Die
Erfindung wird nachstehend anhand von Zeichnungen noch näher erläutert. Es
zeigt:
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1 ein
schematisches Flussdiagramm, welches einen allgemeinen Überblick über die
erfindungsgemäß auszuführenden
Verfahrensschritte gibt,
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2 ein
schematisches Flussdiagramm einer bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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3 eine
Darstellung einer gemessenen Verteilung von Messwerten mit zwei
daran angepassten Verteilungszeitfunktionen,
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4 eine
weitere Darstellung einer anderen gemessenen Verteilung von Messwerten
mit zwei daran angepassten Verteilungszeitfunktionen und
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5 eine
schematische Skizze für
die Verbindung eines Messgerätes über eine
Schnittstelle mit einem Ausführungsbeispiel
der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
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Das
in der 1 schematisch dargestellte Flussdiagramm zeigt
die wesentlichen Verfahrensschritte, die nacheinander durchgeführt werden
müssen,
um ausgehend von gemessenen Merkmalswerten Qualitätsfähigkeitskenngrößen zu berechnen
und anzuzeigen. In der Fertigung bzw. Produktion fallen an verschiedensten
Stellen Messdaten an. Dies können
einerseits Messwerte von Merkmalen und Teilen oder Prozessparameter
sein. Die Messdaten werden von verschiedenen Messgeräten bzw.
Messverfahren zur Verfügung
gestellt. In einem ersten Verfahrensschritt 1 werden die
verschiedenen Messwerte erfasst und in ein für die Weiterverarbeitung geeignetes
Datenformat konvertiert.
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In
einem zweiten Verfahrensschritt 2 wird mittels einer vorgegebenen
Auswertestrategie das die Messwerte am besten beschreibende Verteilungszeitmodell
aus den verschiedenen vorgegebenen Verteilungszeitmodellen ausgewählt. Die einzelnen
Entscheidungen innerhalb dieser Auswahlstrategie basieren auf statistischen
Testverfahren. Aus dem jeweiligen Datensatz der Messwerte wird eine testspezifische
Prüfgröße bestimmt.
In Abhängigkeit von
einem vorgegebenen Vertrauensniveau, beispielsweise 95 %, 99 % oder
99,9 %, werden kritische Werte für
die zugrunde liegenden Annahmen berechnet. Je nachdem wie der Vergleich
zwischen der aus den Messwerten berechneten Prüfgröße und dem jeweiligen kritischen
Wert ausfällt,
kommt die angenommene Nullhypothese oder eine Alternativhypothese
zum Tragen.
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Durch
mehrere nacheinander ausgeführte Entscheidungen
erfolgt eine Klassifikation des zeitlichen Verhaltens wesentlicher
Kenngrößen der
Messwerte. Im Anschluss daran muss aus mehreren zeitlich konstanten
Verteilungsmodellen dasjenige ausgesucht werden, welches die gemessenen
Merkmalswerte bestmöglich
beschreibt. Üblicherweise werden
dabei die Normalverteilung, die logarithmische Normalverteilung,
eine Betragsverteilung erster oder zweiter Art, die Weibull-Verteilung
oder eine durch additiv gewichtete Normalverteilungen zusammengesetzte
Mischverteilung berücksichtigt.
Welche der genannten Verteilungen für den jeweiligen Datensatz
zutreffend ist, wird basierend auf einer Netzregression bestimmt.
Dazu werden zwei Regressionskoeffizienten R1 und R2 berechnet, wobei
für die
Berechnung von R1 alle Messwerte berücksichtigt werden, während für die Berechnung
von R2 nur 25% der Werte herangezogen werden. Die beiden Regressionskoeffizienten
werden für
alle vorgegebenen Verteilungsmodelle berechnet. Als Entscheidungskriterium für das bestangepasste
Verteilungsmodell wird die Summe der beiden Regressionskoeffizienten R1
und R2 herangezogen.
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Mit
der Auswahl des zutreffenden Verteilungszeitmodells wird eine zugehörige Berechnungsmethode
der Qualitätsfähigkeitskenngrößen eindeutig
festgelegt. Diese Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen als
Funktion von mit statistischen Methoden ermittelten Schätzwerten
für Kenngrößen des
ausgewählten
Verteilungszeitmodells erfolgt in einem dritten Verfahrensschritt 3.
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Daran
anschließend
erfolgt die Anzeige der Qualitätsfähigkeitskenngrößen 4.
Wird die Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen durchgeführt, um
als Grundlage für
eine zu treffende Entscheidung zu dienen, so ist eine möglichst
umfassende Ausgabe der aufbereiteten Messwertdaten, der einzelnen
Entscheidungen sowie der durchgeführten statistischen Rechnungen
zweckmäßig. Für die Entscheidung über eine
größere Investition
oder Umstrukturierung stehen damit neben den berechneten Qualitätsfähigkeitskenngrößen eine
Vielzahl weiterer Informationen zur Verfügung. Wird die Berechnung von
Qualitätsfähigkeitskenngrößen dagegen
zur Überwachung
laufender Produktionsprozesse eingesetzt, so kann die Anzeige darauf
beschränkt
werden, ob die Qualitätsfähigkeitskenngrößen innerhalb eines
vorgegebenen Bereichs liegen oder aber derart davon abweichen, dass
ein sofortiges Eingreifen erforderlich wird.
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Das
in 2 dargestellte Flussdiagramm zeigt schematisch
die Auswahlstrategie, nach welcher eine Auswahl des zutreffenden
Verteilungszeitmodells erfolgt. Mit 2 wird demnach
die in 1 als zweiter Verfahrensschritt bezeichnete Auswahl des
Verteilungszeitmodells detailliert beschrieben. Dabei sind zu treffende
Entscheidungen als Rauten dargestellt. Eine getroffene Entscheidung
wird entweder mit "ja" oder "nein" gekennzeichnet oder
als bestätigte
Nullhypothese "H0" bzw. Alternativhypothese "H1" bezeichnet.
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Zunächst erfolgt
eine optionale Aufbereitung der erfassten Messwerte 5.
Dabei werden die Messwerte eines Datensatzes auf Ausreißer untersucht. Ausreißer können dabei
sein: Werte außerhalb
von eingegebenen Plausibilitätsgrenzen,
Werte außerhalb
der natürlichen
Grenzen oder Werte, die basierend auf einem Test, beispielsweise
dem Test nach Hampel, als Ausreißer identifiziert wurden. Der
Datensatz wird anschließend
um diese Ausreißer
bereinigt.
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In
einem nächsten
Schritt 6 wird das zeitliche Verhalten der Streuung der
gemessenen Merkmalswerte untersucht. Anhand eines Tests, beispielsweise
des Tests nach Levene, wird festgestellt, ob die Streuung als konstant
angesehen werden kann. Falls die Streuung nicht konstant ist (Zweig
H1), wird zur Beschreibung das Verteilungsmodell einer Mischverteilung 7 herangezogen.
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Falls
die Streuung als konstant identifiziert wird (Zweig H0), wird daraufhin
das zeitliche Verhalten der Lage der gemessenen Verteilung untersucht 8.
Für diese
Entscheidung werden beispielsweise Tests wie der F-Test oder der
Kruskal-Wallis-Test herangezogen. Ist basierend auf den jeweiligen
Testverfahren die Nullhypothese zutreffend (Zweig H0), kommt nur
eine eingipflige Verteilung zum Tragen. Auf Grundlage der gemessenen
Verteilung und/oder der Eigenschaften des betrachteten Merkmals
wird dann schrittweise das zutreffende Verteilungsmodell ermittelt,
wobei typischerweise eine Auswahl zwischen der Normalverteilung,
der logarithmischen Normalverteilung, einer Betragsfunktion 1. oder
2. Art oder einer Weibull-Verteilung
getroffen wird. Ist bei einem Merkmal keine Merkmalsart hinterlegt,
kann die Auswahl des Verteilungsmodells basierend auf vorgegebenen
Grenzwerten (einseitig bzw. zweiseitig begrenzt) erfolgen.
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Falls
bei Untersuchung der Lage 8 diese als nicht konstant erkannt
wird (Zweig H1), wird mit weiteren Tests 9 festgestellt,
ob ein Trend vorhanden ist. Werden dabei ein oder mehrere Trends
festgestellt (Zweig H0), wird in einem nächsten Schritt 10 untersucht,
ob das Verteilungszeitmodell einer erweiterten Normalverteilung
die gemessenen Messdaten beschreibt (Zweig H0).
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Anderenfalls
(Zweig H1) wird zusätzlich
mit Hilfe weiterer Tests 11, beispielsweise des erweiterten
Shapiro-Wilk-Tests, überprüft, ob temporär eine Normalverteilung
vorliegt. Ist dies zutreffend (Zweig H0), wird als grundlegendes
Verteilungsmodell die Mischverteilung herangezogen.
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Ist
das Ergebnis des Tests 11 auf das temporäre Vorliegen
einer Normalverteilung die Alternativhypothese (H1), wird anhand
der Tests auf Normalverteilung überprüft, ob der
gesamte Datensatz mit dem Verteilungsmodell einer Normalverteilung
beschrieben werden kann. Ist das Ergebnis des Tests die Alternativhypothese
(Zweig H1), wird unter Berücksichtigung
des zeitlichen Verhaltens der gemessenen Verteilung der Merkmalswerte
das best-angepasste Verteilungsmodell gesucht.
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Mit
Kenntnis des zeitlichen Verhaltens der Streuung und der Lage der
gemessenen Verteilung der Merkmalswerte sowie des die Messwerte
am besten beschreibende Verteilungsmodells kann die Berechnungsmethode
der Qualitätsfähigkeitskenngrößen eindeutig
festgelegt werden. Die einzelnen Berechnungen im darauf folgenden
Schritt (Verfahrensschritt 3 in der 1) können dann
ohne weitere Entscheidung und unabhängig von der Form der gemessenen
Verteilung durchgeführt
werden.
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Die 3 und 4 zeigen
zweidimensionale Darstellungen eines gemessen Datensatzes von Merkmalswerten.
Die verschiedenen Merkmalswerte sind dabei auf der Abszisse angeordnet,
die zugeordnete Häufigkeit,
mit der der jeweilige Merkmalswert gemessen wurde, ist auf der Ordinate
dargestellt. Die gemessene Verteilung der Merkmalswerte ist dabei
in beiden Figuren als grau hinterlegtes Histogramm dargestellt.
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Die
in 3 gezeigte gemessene Verteilung der Merkmalswerte 12 weist
eine komplizierte Verteilungsform auf. Deutlich ersichtlich wird
die gemessene Verteilung der Merkmalswerte 12 nur schlecht durch
eine angepasste Normalverteilung 13 beschrieben, dargestellt
als gestrichelte Linie. Bei der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird
dagegen im vorliegenden Fall eine Mischverteilung ausgewählt, die
nach erfolgter Anpassung die gemessene Verteilung wesentlich besser
beschreibt. Die angepasste Mischverteilung 14 ist in dem
Diagramm in 3 durch eine durchgezogene Linie
gekennzeichnet.
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In 4 wird
die gemessene Häufigkeitsverteilung
eines Merkmalswertes 12' als
grau hinterlegtes Histogramm dargestellt, bei dem der gemessene Merkmalswert
eine natürliche
Grenze 15 nicht unterschreiben kann. Die Abmessungen eines
hergestellten Werkstücks
sind ein Beispiel für
einseitig begrenzte, in diesem Fall nullbegrenzte Merkmale. Eine Normalverteilung 13', dargestellt
als gestrichelte Linie, kann auf Grund ihrer Symmetrie nur schlecht
an die gemessene Häufigkeitsverteilung 12' angepasst werden.
Die gemessenen Merkmalswerte werden wesentlich besser durch eine
Betragsfunktion erster Art 14' beschreiben, dargestellt mit einer
durchgezogenen Linie.
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Die
einzelnen Entscheidungen, welches Verteilungsmodell mit welchem
Zeitverhalten am besten an die gemessenen Merkmalswerte angepasst
werden kann und ausgehend davon die Berechung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen erfolgt
bei dem in den 1 und 2 dargestellten
erfindungsgemäßen Verfahren
vollständig
automatisiert und reproduzierbar.
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In 5 ist
ein Ausführungsbeispiel
einer erfindungsgemäßen Vorrichtung
zur automatisierten Berechnung von Qualitätsfähigkeitskenngrößen für die Beurteilung
eines Produktionsprozesses anhand von Messdaten schematisch dargestellt.
Die Vorrichtung umfasst eine Recheneinrichtung 16, die
ein Programm zur automatisierten Auswahl des zutreffenden Verteilungszeitmodells
und der Berechnung von Qualitätsfähigkeitskenngrößen ausführen kann.
Mit der Recheneinrichtung 16 ist eine Eingabeeinrichtung 17 verbunden,
mittels derer die auszuwertenden Messwerte erfasst werden können. Nach
Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen können diese
zusammen mit weiteren Informationen mittels einer Anzeigeeinrichtung 18 dargestellt
werden.
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Auf
einem mit der Recheneinrichtung 16 verbundenen Speichermedium 19,
beispielsweise eine Festplatte, können die erfassten Messwerte,
die berechneten Qualitätsfähigkeitskenngrößen sowie
beliebige Zwischenergebnisse und weitere Informationen der einzelnen
Berechnungen und Entscheidungsvorgänge abgespeichert werden. In
einer separaten Konfigurationsdatei 20 werden alle Vorgaben gespeichert,
die für
die Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen herangezogen
werden. Dies kann auch vorgebbare Entscheidungsparameter beinhalten,
mittels derer die Auswahl des zutreffenden Verteilungszeitmodells
aus mehreren vorgegebenen Verteilungszeitmodellen steuerbar ist.
Es ist denkbar, dass auf diese Weise das Verfahren und die dafür verwendete
Vorrichtung an nutzerspezifische Vorgaben angepasst werden können.
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Die
Vorrichtung weist eine Schnittstelle 21 auf, über die
ein externes Messgerät 22 mit
der Vorrichtung verbunden werden kann. Ein angeschlossenes Messgerät 22 kann
dann über
die Schnittstelle 21 Messdaten an die Recheneinheit übermitteln.
In regelmäßigen Intervallen
kann automatisiert sowohl eine Erfassung der bereitstehenden Messdaten
als auch eine Berechnung der Qualitätsfähigkeitskenngrößen durchgeführt werden.
Auf diese Weise ist eine automatisch ablaufende kontinuierliche
Kontrolle eines Produktionsprozesses durch die Vorrichtung mit Hilfe
des daran angeschlossenen Messgeräts 22 möglich.