AT509714B1 - Verfahren zum steuern einer kunststoffverarbeitungsmaschine - Google Patents

Description

österreichisches Patentamt AT 509 714 B1 2011-11-15

Beschreibung [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Kunststoffverarbeitungsmaschine in Abhängigkeit des aufgegebenen Materials, wobei über mindestens eine Erfassungseinheit kontinuierlich Materialdaten erfasst werden, bevor das Material einer Verarbeitung in der Kunststoffverarbeitungsmaschine unterzogen wird.

[0002] Die steigenden Qualitätsanforderungen und die Anforderung an minimaler Ausschussproduktion an die Produkte erfordern einen frühzeitigen Eingriff in die Prozessparametrierung beispielsweise bei Extrudermaschinen und deren Nachfolgeeinheiten. Zur Lösung dieser Anforderungen sind Verfahren, die mittels neuronaler Netze, Neuro-Fuzzy, ein sich selbst lernendes, korrigierendes und regulierendes System, abbilden, bekannt. Es werden auch unterschiedliche Regelalgorithmen und -kombinationen zur Optimierung des Prozessverhaltens eingesetzt sowie Ansätze nach der Evolutionstheorie.

[0003] Typischerweise werden auf einer Produktionsmaschine unterschiedlichste Materialien verarbeitet, auf welche die Prozessparameter anzupassen sind. Es hat sich aber darüber hinaus gezeigt, dass auf einer Produktionsanlage die Eingangsmaterialdaten von Charge zu Charge und Hersteller zu Hersteller einer Streuung unterliegen und dass Umwelteinflüsse wie Rohstoffform, Temperatur und Materialfeuchte den Prozess stören und somit eine optimale Prozessführung zur Erzeugung der geforderten Qualität nicht ohne Eingriffe der Anwender zu gewährleisten ist. In besonderem Maße wird bei der Verarbeitung von Recyclingmaterialien und Recyclaten die optimale Einstellung eines Prozesses, ohne die genaue Kenntnis der Materialzusammensetzung, nahezu unmöglich.

[0004] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren bereitzustellen, mittels dem der Einfluss des Materials, welches der Kunststoffverarbeitungsmaschine aufgegeben wird, automatisch berücksichtigt wird.

[0005] Die Lösung der Aufgabe ist in Verbindung mit dem Oberbegriff des Anspruches 1 dadurch gekennzeichnet, dass mittels der erfassten Materialdaten durch Datenvergleich und/oder mathematischer Prozesse ein oder mehrere Kennwerte ermittelt werden und anschließend anhand der ermittelten Kennwerte die erforderlichen Maschinenparameter aus einer Datenbank ausgelesen und an die Kunststoffverarbeitungsmaschine übertragen werden.

[0006] Es werden also im kontinuierlichen Verfahren die einlaufenden spezifischen Materialdaten erfasst und entsprechend ausgewertet. Anhand dieser erfassten Daten kann die entsprechende Steuerung, die beispielsweise über eine SPS oder ähnliche Steuerung realisiert wird, in einer Wissensdatenbank nachschauen, um die für diese Materialdaten erforderlichen Maschinenparameter abzufragen und an die Kunststoffverarbeitungsmaschine zu übertragen.

[0007] Der Idee liegt somit zugrunde, bekannte Erfassungssysteme und bestehende Datenbanken in geeigneter Weise so zu kombinieren, dass eine weitgehend automatische Einstellung und Korrektur der Einstellung einer Maschine erfolgen kann. Die Erfassungssysteme ermitteln anhand der erfassten Daten z.B. eine Art Index, der zu einer bestimmten Datensatznummer in der Datenbank passt. Wird dieser Datensatz nicht gefunden, wird anhand eines Algorithmus oder sonstigem mathematischen System bestimmt, welcher nahe liegende Datensatz ausgelesen und dessen Parameter an die Maschinensteuerung übermittelt wird. Weichen die ausgelesenen Daten/Parameter zu sehr von den gewünschten Kennwerten ab, kann eine Warnung ausgegeben werden. Hier ist eine Warnung im Display oder als Leuchte oder in jeder akustischen Form denkbar. Das Maschinenpersonal kann dann das Produktergebnis beobachten, die Parameter manuell korrigieren und bei Bedarf als neuen Datensatz mit neuem Kennwert abspeichern. Werden dann zu einem späteren Zeitpunkt analoge Daten erfasst, findet das System dann den gewünschten Datensatz mit den Maschinenparametern in der Datenbank.

[0008] Auf diese Weise wird das System sukzessive mit weiteren Daten angereichert und entwickelt sich zu einem eigenständigen Expertensystem.

[0009] Es ist somit möglich, beispielsweise bei extrem kaltem Material die Temperierung eines 1 /6 österreichisches Patentamt AT 509 714 B1 2011-11-15

Extruders zu erhöhen und somit ohne Einfluss des Bedienpersonals den erforderlichen Aufschmelzgrad zu erreichen. Als weiteres Beispiel könnte die Drehzahl des Extruders je nach erkannter Form des Materials entsprechend angepasst werden, da bei einem runden Granulatkorn oder einem blättchenförmigen Recyclat andere Extruderdrehzahlen sinnvoll sind.

[0010] Das vorgeschlagene Verfahren eignet sich sowohl für die Erfassung der Materialdaten von typischen Kunststoffen wie Thermoplasten als auch für Ton, Keramik, Gummi, Kautschuk, organische Verbindungen, Verbundwerkstoffe, Biowerkstoffe oder auch Metalle und ähnliche Materialien.

[0011] Die Erfassungseinheit, die beispielsweise ein Materialsensor sein kann, erfasst sowohl den Materialtyp und Materialfarbe, die Materialzusammensetzung, die Form des eingegebenen Materials, die Temperatur als auch die Feuchte. Sicherlich ist es auch denkbar, noch weitere Materialdaten erfassen zu können. Als Sensor kann weiterhin ein Nahinfrarotspektroskop und/oder Feucht- und Temperatursensoren eingesetzt werden. Die Datenerfassung muss nicht zwingend über eine Erfassungseinheit erfolgen, es können auch mehrere Sensoren die Daten an die Prozesssteuerung übermitteln.

[0012] In dieser Steuereinheit, die entweder direkt in der Kunststoffverarbeitungsmaschine integriert ist, aber auch innerhalb eines Betriebes, in einem Rechenzentrum oder anderweitig untergebracht sein kann, werden nun die Materialdaten verarbeitet. In Abhängigkeit dieser ermittelten Materialdaten werden in einer Wissensdatenbank bereits hinterlegte Maschinenparameter abgerufen und, wie bereits oben beschrieben, an die Kunststoffverarbeitungsmaschine übermittelt. Die Verarbeitung kann beispielsweise durch Ermittlung einer spezifischen Kennzahl für diese Materialdaten erreicht werden, wobei dann anhand dieser Kennzahl in der Wissensdatenbank die Maschinenparameter abgefragt werden. Weicht die ermittelte Kennzahl beispielsweise von einem gespeicherten Kennzahlenwert in der Datenbank ab, so entscheidet ein hinterlegter mathematischer Algorithmus, welcher der benachbarten Datensätze als Maschinenparameter ausgelesen wird.

[0013] Die an die Kunststoffverarbeitungsmaschine übertragenen Maschinenparameter werden parallel in geeigneter Weise ausgegeben, was beispielsweise über ein Display oder Touchscreen an der Maschine ermöglicht wird.

[0014] Über eine Eingabestelle, was beispielsweise das Touch-Screen-Feld an der Maschine sein kann, ist es möglich, die Maschinenparameter manuell zu korrigieren. Dies kann erforderlich sein, falls das gewünschte Ergebnis noch nicht optimal und eine Korrektur erforderlich ist. Diese korrigierten Daten können dann als neuer Datensatz der Maschinenparameter in der Wissensdatenbank gespeichert werden und stünden dem System für Folgeprozesse zur Verfügung.

[0015] Während des Prozesses innerhalb der Kunststoffverarbeitung können weitere Messwerte erfasst werden, die ebenfalls an die Prozesssteuerung übermittelt werden. Durch dieses Verfahren ist es möglich, die durch die Datenbank gelieferten Maschinenparameter im Rahmen einer Ergebniskontrolle zu überprüfen und somit individuell einzelne oder alle Parameter zu korrigieren. Selbstverständlich können diese Korrekturwerte als neue Werte in der Datenbank hinterlegt werden.

[0016] Es wird also der Abgleich der Messdaten mit einer Wissensdatenbank zur optimalen automatischen Prozessparametrierung und Steuerung der Kunststoffverarbeitungsmaschine durchgeführt. Für die Parametrierung geeignete Prozessdaten sind z.B. Drehmoment und Drehzahl des Hauptmotors oder/und weitere Nebenantriebe sowie das Temperaturprofil der Verfahrenseinheit und des Werkzeugs sowie die Schmelzedaten. Weiterhin ist es denkbar, beispielsweise in der Extrusion dem Extruder nachgeschaltete Kalibriereinheiten optimal in den Kühl- und Druckverhalten zu parametrieren. Die Wissensdatenbank ist daher für alle Extrusionsverfahren der Mono- und Mehrschichtextrusion ausgelegt. Wie oben erwähnt kann die Wissensdatenbank sowohl in der Extrudersteuerung integriert sein als auch zentral auf einem firmeninternen Server zur Verfügung stehen und einzelne und/oder mehrere Extrudermaschi- 2/6 österreichisches Patentamt AT 509 714 B1 2011-11-15 nen bzw. Kunststoffverarbeitungsmaschinen gleichzeitig bedienen.

[0017] Auf Basis der Interaktion von Wissensdatenbank, Erfassung der Eingangsmaterialdaten und Steuerung wird eine aktive Verarbeitungsempfehlung erreicht, die den Bediener in die Lage versetzt, den Verarbeitungsprozess optimal einzustellen. Aufbauend auf die gelernten Verarbeitungsempfehlungen ist das hier gezeigte sukzessiv trainierte System nach und nach in der Lage, den Prozess selbständig optimal zu führen.

[0018] Anhand einer Extrusionslinie soll beispielhaft das Verfahren in einer Figur erläutert werden. Die Figur zeigt eine Kunststoffverarbeitungsmaschine 1, die hier beispielhaft als Extruder 6 dargestellt ist, der einen Materialaufgabetrichter 9 aufweist. Der Extruder 6 hat einen Antriebsmotor 7 und ein am Extruder 6 angeordnetes Werkzeug 10. In den Materialaufgabetrichter 9 wird das Material 2 aufgegeben. In diesem Bereich der Materialaufgabe ist die Erfassungseinheit 3 angeordnet. Die Erfassungseinheit 3 übermittelt die erfassten Materialdaten an eine Rechnereinheit, die hier durch die gestrichelte Linie dargestellt ist. Der Datenfluss wird durch den Pfeil von der Erfassungseinheit 3 zu der Rechnereinheit dargestellt. Innerhalb der Rechnereinheit werden nun durch die Prozesssteuerung 5 in Verbindung mit der Datenbank 4 durch geeignete mathematische Prozesse die erforderlichen Maschinenparameter ermittelt. Die Rechnereinheit übermittelt die ausgelesenen Maschinenparameter an ein Display 11 und an die Kunststoffverarbeitungsmaschine 1. Die drei Doppelpfeile zwischen der Kunststoffverarbeitungsmaschine 1 und der Rechnereinheit kennzeichnen wiederum die Möglichkeit des Datenaustausches, da, wie oben beschrieben, auch Rückgabewerte aus dem Verarbeitungsprozess die Prozesssteuerung beeinflussen können. Über das Display 11, was gleichzeitig als Eingabegerät fungieren kann, können Korrekturwerte oder selbstverständlich auch völlig neue Datensätze in die Wissensdatenbank 4 eingegeben werden.

[0019] Am Beispiel dieser Extruderlinie kann beispielsweise ein zweiter Material- bzw. Produktsensor vor der Formgebung und/oder in der Nachfolge platziert sein, um eine Rückkopplung zwischen den Produkteigenschaften und dem Plastifizier- bzw. Aufbereitungsprozess zu bekommen. Beispielsweise könnte der Glanzgrad des Produktes durch den zweiten Materialsensor bestimmt und an die Steuerung zurückgegeben werden. Der könnte wiederum dazu genutzt werden, die Düsenheizung zu steuern, um den im Vorfeld definierten Glanz des Produktes automatisch einzustellen bzw. zu verändern.

[0020] Hier wird also ein System aufgezeigt, das durch die Erfahrung und Reaktion der Anwender und Experten auf unterschiedliche Materialeigenschaften trainiert wird. Die so gefundenen Prozessparameter werden als Datensets in einer Datenbank abgelegt und sind jederzeit wieder aufrufbar. In Kombination mit einer Materialzustandserkennung ist somit ein unverzögerter Eingriff in den Prozess möglich. Es können Verfahren zur Rohr-, Profil-, Flachfolie-, Platten-, Granulat- und Blasfolienherstellung, aber auch Spritzguss- und Compoundiermaschinen optimal eingestellt werden.

[0021] Zusammengefasst sei daher, wie teilweise schon weiter oben ausgeführt, noch einmal erwähnt: [0022] Mit der vorgeschlagenen Erfindung kann die kontinuierliche Erfassung der in den Extruder bzw. die Plastifiziereinheit einlaufenden spezifischen Materialdaten durch einen Materialsensor, der die Messergebnisse auflöst nach Materialtyp, -Zusammensetzung, -form, -tempera-tur und -feuchte, umgesetzt werden. Typisch für diese Anwendung ist z.B. bei Kunststoffen der Einsatz von Nahinfrarot-Spektroskopie, von Feuchte- und Temperatursensoren. Erfasst werden können Tone, Keramik, Gummi, Kautschuk, Thermoplastische Polymere, organische Verbindungen, Verbundwerkstoffe, Biowerkstoffe und Metalle.

[0023] Weiterhin ist der Abgleich der Messdaten mit einer Wissensdatenbank zur optimalen automatischen Prozessparametrierung und -Steuerung der Extrudermaschine realisiert. Optimale Prozessdaten sind z.B. Drehmoment und Drehzahl des Hauptmotors oder/und weiterer Nebenantriebe sowie das Temperaturprofil der Verfahrenseinheit und des Werkzeugs. Weiterhin ist denkbar, z.B. die dem Extruder nachgeschalteten Kalibriereinheiten optimal in dem Kühl- 3/6

Claims (8)

1. österreichisches Patentamt AT 509 714 B1 2011-11-15 und Druckverhalten zu parametrieren. [0024] Die Wissensdatenbank ist ausgelegt für alle Extrusionsverfahren der Mono- und Mehrschichtextrusion. Die Wissensdatenbank kann sowohl in der Extrudersteuerung integriert sein als auch zentral auf einem firmeninternen Server zur Verfügung stehen und einzelne oder/und mehrere Extrudermaschinen gleichzeitig bedienen. [0025] Eine aktive Verarbeitungsempfehlung auf Basis der Interaktion von Wissensdatenbank und Steuerung, die den Bediener in die Lage versetzt, den Verarbeitungsprozess zu optimieren, ist umgesetzt. [0026] Darüber hinaus ist es denkbar, einen zweiten Material- bzw. Produktsensor vor der Formgebung oder/und in der Nachfolge zu platzieren, um eine Rückkopplung zwischen den Produkteigenschaften und dem Plastifizier- bzw. Aufbereitungsprozess zu bekommen. Beispielsweise könnte der Glanzgrad des Produktes, durch den zweiten Materialsensor bestimmt und an die PLC weitergegeben, dazu genutzt werden, um die Düsenheizung so zu steuern, um den im Vorfeld definierten Glanz des Produktes automatisch einzustellen. BEZUGSZEICHENLISTE 1 Kunststoffverarbeitungsmaschine 2 Material 3 Erfassungseinheit 4 Datenbank 5 Prozesssteuerung 6 Extruder 7 Antrieb von 6 8 Temperierung von 6 9 Materialaufgabetrichter 10 Werkzeug 11 Display Patentansprüche 1. Verfahren zum Steuern einer Kunststoffverarbeitungsmaschine (1) in Abhängigkeit des aufgegebenen Materials (2), wobei über mindestens eine Erfassungseinheit (3) kontinuierlich Materialdaten erfasst werden, bevor das Material einer Verarbeitung in der Kunststoffverarbeitungsmaschine (1) unterzogen wird, dadurch gekennzeichnet, dass mittels der erfassten Materialdaten durch Datenvergleich und/oder mathematischer Prozesse ein oder mehrere Kennwerte ermittelt werden und anschließend anhand dem/der ermittelten Kennwerte) die erforderlichen Maschinenparameter aus einer Datenbank (4) ausgelesen und an die Kunststoffverarbeitungsmaschine (1) übertragen werden.
2. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass bei fehlendem Kennwert in der Datenbank anhand eines Algorithmus der zu wählende Datensatz bestimmt wird.
3. 3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass bei Abweichung des gewählten Datensatzes vom gemäß ermitteltem Kennwert gewünschten Datensatz eine optische und/oder akustische Anzeige ausgelöst wird.
4. 4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die übertragenen Maschinenparameter in geeigneterWeise ausgegeben/angezeigt werden.
5. 5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass über eine Eingabestelle die Maschinenparameter manuell verändert werden können.
6. 6. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass über Messmittel erfasste Werte innerhalb des Kunststoffverarbeitungsprozesses an die Prozesssteuerung (5) zurückgegeben werden und in Abhängigkeit dieser Werte eine Korrektur der Maschinenparameter ermöglicht wird. 4/6 österreichisches Patentamt AT 509 714 B1 2011-11-15
7. 7. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Materialdaten beispielsweise Daten wie Materialtyp, -Zusammensetzung, -form, -färbe, -tempe-ratur und/oder -feuchte erfasst werden.
8. 8. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Erfassung der Materialdaten für Materialien wie Ton, Keramik, Gummi, Kautschuk, Thermoplaste, Verbundwerkstoffe und ähnlichem möglich ist. Hierzu 1 Blatt Zeichnungen 5/6