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Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Propylenchlorhydrin
Es sind mehrere Verfahren zur Herstellung von Alkylenchlorhvdrinen durch Umsetzung
von Olefinen mit Chlor in wäßriger Lösung bekannt. Bei der Herstellung von Propylenchlorhydrin
besteht die Schwierigl<eit darin, daß bei Anwendung der für die Äthylenchiorhydrinherstellung
gebräuchlichen Verfahren die Bildung von Dichlorpropan nicht vermieden werden kann.
Das Dichlorpropan ist schwer löslich und löst Folgereaktionen des Chlors und Propylens
in der sich abscheidenden organischen Phase aus, sobald die Sättigungskonzentration
der Nebenprodukte in der Reaktionsmischung überschritten ist.
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Um unerwünschte Nebenreaktionen zu vermeiden, war man bisher bemüht,
das Chlor vor der Berührung mit dem Propylen unter Verwendung möglichst starker
Rührer oder Mischer im Wasser zu verteilen. Bei diesem Verfahren ist die Rührapparatur
jedoch einer starken korrosiven Beanspruchung durch die wäßrige Lösung von Chlor,
die immer Salzsäure enthält, ausgesetzt (vgl. französisches Patent 982 969).
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Bei einem anderen Verfahren werden mechanische Vorrichtungen fiir
die Dispergierung des Chlors vermieden, indem man das Chlor und das Propylen in
zwei getrennten Räumen in die Reaktionsflüssigleit einleitet und außerdem für starke
Verdünnung des Propylens durch mindestens 50 0/o Inertgas sorgt. Die Ausbeute ist
bei dieser Arbeitsweise verständlicherweise unbefriedigend.
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Es wurde nun gefunden, daß man Propyleuchlorhydrin in sehr guten
Ausbeuten mit hohem Umsatz ohne die Verwendung mechanischer Dispergiervorrichtungen
oder großer Mengen Inertgase erhält. wenn man die Umsetzung etwa äquimolekularer
Mengen Propylen und Chlor in einem Reaktionsturm ausführt, durch den die Reaktionsflüssigkeit,
zweckmäßig von unten nach oben, bewegt wird und in den das Chlor in feiner Verteilung
mindestens so weit unterhalb der Zufiihrung des Propylens eingeleitet wird, daß
es in einer Konzentration von 1,0 bis 10 g/l praktisch vollständig gelöst ist, bevor
es mit dem darüber eingeführten Propylen in Berührung kommt und aus dem oberen Teil
des Reaktionsturmes einen Teil der Reaktionsflüssigkeit abzieht, während man den
anderen Teil zusammen mit dem Frischwasser erneut dem unteren Teil des Reaktionsturmes
zuführt.
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Vorteilhaft wird der Flüssigkeitskreislauf so eingestellt, daß die
umlaufende Menge der Reaktionsflüssigkeit das 5- bis 50fache des Zulaufs an Frischwasser
beträgt. Eine dem Frischwasser entsprechende Menge an Reaktionsflüssigkeit wird
am oberen Ende des Reaktionsturmes kontinuierlich abgezogen. In der im Kreislauf
bewegten Reaktionsflüssigkeit sind dann im allgemeinen etwa 30 bis 80 g/l Propylenchlorhydrin
enthalten. Mit niedrigeren Propylenchlorhydrinkonzentrationen zu arbeiten, ist unzweckmäßig,
da die Aufarbeitung beispielsweise zu Propylenoxyd erschwert wird.
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Bei der Durchführung des Verfahrens verwendet man Reaktionstürme,
wie sie z. B. in den Abb. 1 und 2 schematisch dargestellt sind. In diese Reaktionstürmle
wird das Chlor durch geeignete Vorrichtungen, z. B. durch Fritten oder Vertieilersterne
mit vielen feinen Löchern, in feinen Blasen eingeleitet. Das Propylen wird in der
gleichen Weise oberhalb der Zuführung des Chlors in den Turm eingeführt, wobei der
Abstand zwischen den beiden Zuführungen im allgemeinen mindestens t/7 der Gesamthöhe
des Turmes beträgt.
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Bei diesem Abstand der Zuführungen für Chlor und Propylen und bei
einer Umlaufmenge, die vorteilhaft dem 5- bis 5fachen der Zulaufmenge an Frischwasser
entspricht. wird das eingeführte Chlor praktisch vollständig in der Reaktionsflüssigkeit
gelöst, bevor es durch die Strömung mit dem zugeführten Propylen in Berührung kommt.
Würde man die Kreislaufgeschwindigkeit auf einen kleineren Wert einstellen, so würde
die Flüssigkeitsmenge nicht ausreichen, um alles Chlor aufzulösen. Andererseits
wäre bei überhöhter Kreislaufgeschwindigkeit die Zeitspanne zu gering, um das eingeführte
Chlor auf dem Wege von der Chloreinführung bis zur Propyleneinführung in Lösung
zu bringen. Dieser günstige Bereich der Kreislaufgeschwindigkeit der Reaktionsflüssigkeit,
der nicht über- oder unterschritten werden soll, schafft diejenigen Reaktionsbedingungen,
die beson-
ders gute Ausbeuten an Propylenchlorhydrin garantieren.
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Durch zunehmende Höhe des Turmes und dem damit steigenden Druck in
dem unteren Teil des Turmes bzw. durch Erhöhung des Druckes im gesamten Turm kann
die Auflösung des Chlors gegebenenfalls begünstigt werden.
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Erfindungsgemäß wird so viel Chlor eingeleitet, daß die Chlorkonzentration
der Reaktionsflüssigkeit an der Stelle des Propyleneintritts bei Werten von 1,0
bis 10,0 gel, insbesondere 1,5 bis 5,0 gel, Reaktionsflüssigkeit liegt.
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Diese Chlormengen werden bei entsprechender Umlaufgeschwindigkeit
nahezu vollständig gelöst und ermöglichen auch bei Verwendung von reinem unverdünntem
Propylen vollständigen Umsatz, wodurch die umständliche Wiedergewinnung des nicht
umgesetzten Propylens aus den Abgasen, die praktisch propylenfrei sind, entfällt.
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Der obere Teil des Reaktionsturmes ist zweckmäßigerweise ganz oder
teilweise mit Füllkörpern ausgefüllt, durch die die Reaktionsflüssigkeit durch den
Auftrieb der zum Teil ungelösten Gase hindurchgeführt wird. Der größere Teil der
Reaktionsflüssigkeit wird seitlich durch ein angebrachtes Rohr abgezogen und gegebenenfalls
über eine Kreislaufpumpe von unten wieder in den Turm eingeführt. Der andere kleinere
Teil der Reaktionsflüssigkeit, der die salzsaure Lösung des Propylenchlorhydrins
enthält, läuft durch ein siphonartiges Rohr ab und wird in bekannter Weise aufgearbeitet.
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Der Kreislauf der Reaktionsflüssigkeit kann auf verschiedene Weise
unterhalten werden. Vorteilhaft benützt man die im Propylen vorhandenen Inertgase,
z. B. Propan, deren Auftrieb bereits ausreichend ist. wenn der Gehalt einige Prozent
beträgt. Man kann aber auch dem Propylen zusätzlich einige Volumprozent eines anderen
Inertgases, wie z. B. Stickstoff, Wasserstoff, Luft, Kohlendioxyd oder niedrige
gesättigte Kohlenwasserstoffe, zumischen. Im allgemeinen ist ein Inertgaszusatz
von 1 bis 35 ovo ausreichend zur Förderung der Reaktionsflüssigkeit. Bei niedrigem
Inertgasgehalt, z. B. bei einem Inertgasgehalt von 1 bis 3 0/o, ist es auch möglich,
das Abgas mit Hilfe eines Gebläses 7 umzupumpen. Bei Verwendung eines besonderen
Kreislaufs für die Inertgase 6 kann man eine besondere Zuführung oberhalb oder unterhalb
der Propylenzuführung, wie sie in der Abbildung 2 wiedergegeben ist, wählen. Man
kann die Inertgase aus dem Kreislauf aber auch gemeinsam mit dem Frischpropylen
in den Turm einführen. Daneben besteht noch die Möglichkeit, den Flüssigkeitskreislauf
selbst durch eine Pumpe zu führen. In diesem Fall kann man das Chlor und das Frischwasser
in den Flüssigkeitskreislauf einführen, so daß es möglich ist, das Propylen an einer
tieferen Stelle dem Reaktionsturm zuzuleiten.
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Durch die Verwendung von möglichst wenig Inertgas vermeidet man eine
unnötige Verdünnung des Propylens, die den Umsatz und die Ausbeute verschlechtert.
Das Abgas, das aus dem oberen Teil des Reaktionsturmes entweicht, ist praktisch
propylenfrei.
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Vorteilhaft verwendet man bei dem Verfahren ein Propylen, das von
der Herstellung her noch einige Volumprozent Propan enthält.
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Die Umsetzung wird zweckmäßig bei Temperaturen von 30 bis 850 C,
insbesondere bei 40 bis 700 C, bei Normaldruck oder mäßig erhöhtem Druck ausgeführt.
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Bei dem Verfahren kann man äquivalente Mengen Chlor und Propylen
umsetzen. Man kann aber auch
einen Propylenüberschuß bis zu etwa 5 Mdprozent oder
einen Chlorüberschuß bis zu etwa 2 Molprozent anwenden.
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Beispiel 1 In einen Reaktionsturm von 2 m Höhe und 5 cm Durchmesser
(nach Abb. 1), der bis zu dem Ableitungsrohr 4 mit der Reaktionsflüssigkeit gefüllt
ist. werden stündlich über die Leitung 1 38 1 Chlor (250 C, 1 at) und über Leitung2
381 Propylen (250 C, 1 at), das mit 5,6 1 Stickstoff verdünnt ist, eingeführt.
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Durch die Zuleitung 3 werden 3,2 l/h Wasser frisch zugeführt. Die
Reaktionsflüssigkeit wird auf einer Temperatur von 450 C gehalten. Durch dieAbleitung4
werden stündlich 3,2 1 Reaktionsflüssigkeit abgezogen, während gleichzeitig 30 ph
über den Flüssigkeitskreislauf 5 zum unteren Teil des Turmes zurückgeführt werden.
Die Konzentration an gelöstem freiem Chlor in der Reaktionsflüssigkeit unmittelbar
unterhalb der Propyleneinführung beträgt 3,4 gil. In 8 Stunden werden 540 g Propylen
umgesetzt, und man erhält 25,8 1 einer klaren, salzsauren Lösung, die 1097 g Propylenchlorhydrin
und 72 g Dichlorpropan enthält. Das entspricht einer Ausbeute an Propylenchlorhydrin
von 90,30/0, bezogen auf Propylen.
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Beispiel 2 In die gleiche Apparatur, wie sie im Beispiel 1 beschrieben
ist, werden stündlich 411 Chlor (250 C.
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1 at), 50,3 1 eines Propylen- Propan- Gemisches (82,1 Volumprozent
Propylen, 17,9 Volumprozent Propan, 250 C, 1 at) und 3,5 1 Wasser bei 45" C eingeführt.
Von der im Turm befindlichen Reaktionsflüssigkeit werden stündlich 701 über die
Leitung 5 zu dem unteren Teil des Turmes zurückgeführt. Bei dieser Kreislaufgeschwindigkeit
stellt sich eine maximale Konzentration an gelöstem, freiem Chlor von 1,66 g/l ein.
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Nach 8 Stunden erhält man nach Umsatz von 712 g eines Propylen-Propan-Gemisches,
das entspricht etwa 580 g Propylen, 27,9 1 einer klaren Lösung, die 1214 g Propylenchlorhydrin
(92,9°/o, bezogen auf Propylen) und 81,2 g Dichlorpropan (5,20/0, bezogen auf Propylen)
enthält.
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Beispiel 3 In die gleiche Apparatur, wie sie im Beispiel 1 beschieben
ist, werden stündlich 93 1 Chlor (250 C.
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1 at), 93 1 Propylen (250 C, 1 at), das mit 18 1 Stickstoff verdünnt
ist, und 7,4 1 Wasser bei 700 C eingeleitet. Von der im Reaktionsturm befindlichen
Flüssigkeit werden stündlich 165 1 über die Leitung 5 zu dem unteren Teil des Turmes
zurückgeführt. Bei diesem Umlauf stellt sich eine maximale Konzentration an gelöstem,
freiem Chlor von 1,60 g/l ein.
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Nach 6 Stunden erhält man nach Umsatz von 980 g Propylen 44,5 1 einer
klaren Lösung mit einem Gehalt von 1955 g Propylenchlorhydrin und 81 g Dichlorpropan.
Aus dem Abgas kann man zusätzlich durch Kühlung 12 g Propylenchlorhydrin und lOOgDichlorpropan
gewinnen.