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Die Erfindung betrifft eine Warmkammer-Druckgussanlage nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
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Im Warmkammer-Druckguss werden in gängiger Praxis Bauteile aus Magnesium- und Zink-Druckgusslegierungen vergossen. Aus der
DE 44 19 848 C1 ist eine gattungsgemäße Warmkammer-Druckgussanlage bekannt, die einen, zum Beispiel in einem Dosierschmelzofen angeordneten Schmelztiegel für die Metallschmelze aufweist, in der eine Gießeinheit eingetaucht ist. Die Gießeinheit ist aus einem Gießbehälter aufgebaut, der eine mit der Metallschmelze befüllbare Gießkammer definiert, die von einem hubverstellbaren Gießkolben begrenzt ist und über einen Gießlauf mit einem Mundstück verbunden ist, deren Düsenspitze an einer Andockstelle einer Dauerform ankoppelbar ist. Sowohl der Gießbehälter als auch der Gießkolben sind üblicherweise aus Stahl gefertigt. Zur Durchführung eines Druckgussvorgangs wird ein entsprechendes Volumen an Metallschmelze unterhalb der Schmelzbadoberfläche im Schmelztiegel in die Gießkammer angesaugt und dann der Gießkolben mittels einer hydraulischen Antriebseinheit hubverstellt, wodurch die Metallschmelze aus der Gießkammer in eine Bauteil-Kavität der Dauerform verdrängt bzw. eingespritzt wird. Das maximale Volumen der Schmelze für einen Bauteil-Abguss wird dabei über den Durchmesser der zylindrischen Gießkammer und der Hublänge des Gießkolbens vorgegeben. Aufgrund thermisch bedingter Toleranzspiele zwischen dem Gießkolben und der Gießkammer bei den Schmelztemperaturen von 600 bis 750°C ist das Volumen der aus der Gießkammer zu verdrängenden Metallschmelze begrenzt. Als Standard hat sich im industriellen Einsatz ein maximaler Durchmesser von ca. 100 mm und eine maximale Hublänge von ca. 230 mm etabliert. Bei Magnesium entspricht dieses Volumen einem maximalen Gußgewicht von ca. 3,2 kg. Bei größeren Durchmessern des Kolbens besteht die Gefahr von Leckagen zwischen dem Gießkolben und dem Gießzylinder, wodurch kein Nachdruck auf die Schmelze aufgebaut werden kann und dadurch das zu gießende Bauteil nicht die geforderten Materialeigenschaften erhalten kann. Im schlimmsten Fall wird die Metallschmelze durch den Leckage-Spalt sogar mit hohem Druck und hoher Geschwindigkeit aus der Gießeinheit in die Umgebung gespritzt, was zu einer erheblichen Sicherheitsgefährdung führen kann.
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Unabhängig davon ist jedoch das Potential für Leichtmetallgussbauteile aus Magnesium gerade bei größeren Gussbauteilen optimal, die ein Bauteilgewicht von mehr als dem oben angegebenen maximalen Gussgewicht von 3,2 kg aufweisen. Allerdings können aufgrund der oben beschriebenen, physikalischen Randbedingung solche großvolumigen, und/oder dünnwandige Bauteile nicht im Warmkammer-Druckguss, sondern lediglich in einem Kaltkammer-Druckguss gefertigt werden.
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Aus der
DE 102 56 834 A1 ist ein Druckgießverfahren zur Herstellung großflächiger Werkstücke bekannt. In dem Verfahren wird mittels einer Gießzylinderanordnung flüssiges Metall in eine Gießform gedrückt. Die Gießzylinderanordnung weist eine Mehrzahl von Gießzylindern auf, die über die Fläche des Werkstückes verteilt angeordnet sind, so dass das flüssige Metall über mehrere Angüsse in die Gießform gedrückt wird.
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Aus der
DE 39 31 194 A1 ist eine Warmkammer-Druckgussanlage mit mehreren Gießeinheiten bekannt, wobei eine Gießeinheit einen Tiegel für die Metallschmelze, einen Einpresszylinder und einen Kolben umfasst.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Warmkammer-Druckgussanlage bereitzustellen, bei der in baulich einfacher Weise eine prozesssichere Herstellung von dünnwandigen und/oder großvolumigen Bauteilen insbesondere aus Magnesium ermöglicht ist.
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Die Aufgabe ist durch die Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen offenbart.
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Die Erfindung beruht auf dem Sachverhalt, dass eine größere Dimensionierung der Gießkammer sowie des Gießkolbens der Gießeinheit aufgrund des Leckage-Risikos problematisch ist. Vor diesem Hintergrund ist gemäß dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 die Gießeinheit zumindest als eine Doppelkolben-Gießeinheit ausgeführt. Diese weist zumindest zwei (oder auch mehr) Gießkammern auf, die jeweils von einem hubverstellbaren Gießkolben begrenzt sind und über zumindest einen Gießlauf strömungstechnisch mit der Dauerform verbindbar sind. Die Grundidee der Erfindung besteht also darin, anstatt nur eines einzigen Gießkolbens in einer Gießkammer-Einheit zwei (oder auch mehrere) Gießkolben ein zwei (oder auch mehreren) Gießkammer-Einheiten in einem Dosierschmelzofen mit zumindest einer gemeinsamen Gießkolben-Antriebseinheit (hydraulisch, elektrisch, mechanisch gekoppelt oder gezielt geregelt gekoppelt) für den Abguss einer zum Beispiel doppelten (oder größeren) maximalen Schmelzmenge zu realisieren.
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Auf diese Weise ergibt sich – im Vergleich zum Stand der Technik – fertigungstechnisch einfach sowie prozesssicher eine Erhöhung der begrenzten, maximal vergießbaren Schmelzvolumens im Warmkammer-Druckgussverfahren (im speziellen für Magnesium-Druckgusslegierungen).
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Nachfolgend sind weitere Erfindungsaspekte zum einfacheren Verständnis speziell im Hinblick auf eine Doppelkolben-Gießeinheit dargelegt. Es versteht sich jedoch, dass die Erfindungsaspekte auch generelle für Mehrfachkolben-Gießeinheiten realisierbar ist.
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In einer technischen Umsetzung können die beiden Gießkammern zueinander in Parallelschaltung angeordnet sein. Je nach Ausführung können die beiden Gießkammern gleich groß oder unterschiedlich groß ausgelegt sein. Die beiden Gießkolben können bevorzugt mittels einer gemeinsamen Antriebseinheit synchron zueinander hubverstellt werden. Alternativ dazu können die beiden Gießkolben jeweils eine Antriebseinheit aufweisen, die über eine Steuerelektronik getrennt voneinander ansteuerbar sind. Auf diese Weise können die beiden Gießkolben in einem Druckgussvorgang gezielt zeitlich versetzte Gießkolbenbewegungen durchführen, so dass die Metallschmelze gezielt zeitlich versetzt (zum Beispiel einige Millisekunden bis Sekunden) in die Bauteilkavität der Dauerform eingespritzt werden kann. In diesem Zusammenhang ist es im Hinblick auf die Prozesssicherheit von Relevanz, dass die aus einer Gießkammer verdrängte Metallschmelze nicht über die Bauteilkavität in der Dauerform zurück über einen Gießlauf in die zweite Gießkammer verdrängt wird.
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In einer technischen Realisierung kann jeder der beiden Gießkammern jeweils ein Teil-Gießlauf zugeordnet sein. Die beiden Teil-Gießläufe der Gießkammern können voneinander separat zur Dauerform geführt werden und über jeweilige Mundstücke an zwei voneinander separate Andockstellen der Dauerform angekoppelt werden. Auf diese Weise ist erreicht, dass die Metallschmelze von zwei Punkten angegossen wird und sich somit die Fließwege zur Füllung der Bauteil-Kavität verkürzen, was wiederum die Qualität des Bauteils gegenüber nur einem einzigen Angusskanal verbessert.
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Auf diese Weise können selbst dünnwandige, großvolumige Bauteile im Warmkammer-Druckguss hergestellt werden.
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Alternativ dazu können die beiden, den jeweiligen Gießkammern zugeordneten Teil-Gießläufen (in einer Reihenschaltung oder in einer Parallelschaltung) zu einem gemeinsamen Gießlauf zusammengeführt werden. Dieser ist wiederum über ein gemeinsames Mundstück an nur einer Andockstelle der Dauerform angekoppelt. Im Vergleich zur obigen Ausführungsvariante ist somit die Gießlauf-Gesamtlänge reduziert.
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In einer weiteren Ausführungsform kann die Dauerform nicht nur eine Bauteilkavität aufweisen, sondern zwei voneinander getrennte Bauteilkavitäten, denen jeweils zumindest eine Andockstelle für ein Mundstück der Gießeinheit zugeordnet ist.
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Die Antriebseinheit kann beispielhaft ein Hydraulikzylinder sein, der über eine Steuerelektronik ansteuerbar ist. Dessen hubverstellbare Kolbenstange kann mit einem oder beiden der Gießkolben kraftübertragend verbunden sein, beispielhaft über ein Joch, mit dessen Hilfe der von der Kolbenstange definierte Kraftpfad in Richtung auf beide Gießkolben aufgegabelt wird.
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Die Doppelkolben-Gießeinheit kann im Hinblick auf eine Bauteilreduzierung einteilig ausgeführt sein, und zwar mit einem gemeinsamen Gießbehälter, in den die beiden Gießkammern und zumindest teilweise der Gießlauf sowie das zumindest eine Mundstück integriert ist. Alternativ dazu kann die Doppelkolben-Gießeinheit zwei voneinander separate Gießbehälter mit jeweils eigener Gießkammer sowie eigenem Mundstück aufweisen.
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Die vorstehend erläuterten und/oder in den Unteransprüchen wiedergegebenen vorteilhaften Aus- und/oder Weiterbildungen der Erfindung können – außer zum Beispiel in den Fällen eindeutiger Abhängigkeiten oder unvereinbarer Alternativen – einzeln oder aber auch in beliebiger Kombination miteinander zur Anwendung kommen.
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Die Erfindung und ihre vorteilhaften Aus- und Weiterbildungen sowie deren Vorteile werden nachfolgend anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 in einer schematischen Darstellung eine Warmkammer-Druckgussanlage;
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2a in einer Ansicht entlang der Schnittebene I-I aus der 1 eine erfindungsgemäße Doppelkolben-Gießeinheit, die im Schmelztiegel eingetaucht ist, und
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2b und 2c jeweils Ansichten, die die Teil-Gießläufe in einer Parallelschaltung und in einer Reihenschaltung zeigen; und
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3 in einer Ansicht von oben ein zweites Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Die Figuren sind im Hinblick auf ein einfaches Verständnis der Erfindung angefertigt. Von daher sind die Figuren lediglich grob vereinfachte Darstellungen, die keinen realitätsgetreuen Aufbau einer Warmkammer-Druckgussanlage wiedergeben. So weist die in der 1 gezeigte Warmkammer-Druckgussanlage einen wannenförmigen Schmelztiegel 1 auf, in dem sich ein Metallschmelzbad 3 befindet. In das Schmelzbad 3 ist von oben eine Gießeinheit 5 eingetaucht, die einen Gießbehälter 7 aufweist. Der wannenförmige Schmelztiegel 1 ist oberseitig mittels einer nicht gezeigten Abdeckung geschlossen. Zudem ist der Schmelztiegel 1 zusammen mit der Gießeinheit 5 in einem nicht gezeigten Ofen angeordnet, so dass in den Schmelztiegel 1 gegebene Metallteile geschmolzen werden und das Schmelzbad aufrechterhalten wird. Der Gießbehälter 7 ist mittels einer nicht gezeigten Halterung ortsfest in der Anlage gehaltert und weist eine hohlzylindrische Gießkammer 9 auf, an der sich bodenseitig eine Steigbohrung 11 anschließt, die zu einem Mundstück 13 führt, dessen Düsenspitze an einer Ankoppelstelle A einer Dauerform 15 in strömungstechnischer Verbindung mit einem zu einer Bauteilkavität 16 führenden Angusskanal 17 ist.
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Die Gießkammer 9 des Gießbehälters 7 ist oberseitig durch einen hubverstellbaren Gießkolben 19 begrenzt, der über eine Kolbenstange 21 mit einem Hydraulikzylinder 23 verbunden ist. Der Gießkolben 19 ist in der 1 in seiner oberen Totpunktlage dargestellt. Unterhalb des Gießkolbens 19 sind in dem Gießbehälter 7 Bohrungen 25 eingearbeitet, die die Gießkammer 9 mit dem Schmelzbad 3 im Schmelztiegel 1 verbinden. Über die Bohrungen 25 läuft die Metallschmelze somit in die Gießkammer 9. Bei einer Hubverstellung des Gießkolbens 19 nach unten in seine untere Totpunktlage wird die Metallschmelze über die Steigbohrung 11 und das Mundstück 13 aus der Gießkammer 9 verdrängt und in die Bauteilkavität 16 eingespritzt. Der Hydraulikzylinder 23 ist gemäß der 2a über Druckleitungen 27 in Verbindung mit einem Hydrauliksystem 29, das wiederum von einer nicht gezeigten Steuerelektronik ansteuerbar ist, um den Presskolben 31 des Hydraulikzylinders 23 nach oben oder nach unten hubzuverstellen.
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Wie aus der 2a weiter hervorgeht, sind im Gießbehälter 7 nicht nur eine Gießkammer 9, sondern vielmehr zwei Gießkammern 9 integriert, in denen jeweils ein hubverstellbarer Gießkolben 19 angeordnet ist. Die beiden Gießkolben 19 sind mit ihrem oberen Kolbenstangenende an einem quer verlaufenden, maschinenbaulich belastungsgerechten Joch 33 angebunden, auf das zentral der Presskolben 31 des Hydraulikzylinders 23 einwirkt. Bei einer Hubverstellung des Hydraulikzylinders 23 werden somit die beiden Gießkolben 19 synchron zueinander in den Gießkammern 9 hubverstellt.
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Wie aus der 2a bis c weiter hervorgeht, sind von den beiden Gießkammern 9 jeweils Teil-Gießläufe 35, 36 weggeführt, die zu einem gemeinsamen Gießlauf 37 zusammengeführt ist, der wiederum bis zum gemeinsamen Mundstück 13 der beiden Gießkammern 9 führt. In der 2b sind die beiden Teil-Gießläufe 35, 36 in Parallelschaltung zum gemeinsamen Mundstück 13 geführt. In der 2c sind die beiden Teil-Gießläufe 35, 36 in Reihenschaltung zum gemeinsamen Mundstück 13 geführt.
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Alternativ dazu ist im Ausführungsbeispiel der 3 beispielhaft für jeden Gießkolben 19 eine eigene Antriebseinheit, das heißt ein eigener Hydraulikzylinder 23 vorgesehen, wodurch gegebenenfalls die beiden Gießkolben 19 nicht mehr bewegungsgekoppelt, sondern unabhängig voneinander, das heißt zueinander zeitversetzt und/oder mit unterschiedlichen Hubgeschwindigkeiten sowie Hubkräften, ansteuerbar sind. Im Unterschied zur 2 sind in der 3 die beiden Teil-Gießläufe 35, 36 nicht zu einem gemeinsamen Gießlauf 37 zusammengeführt, sondern führen die beiden Teil-Gießläufe 35, 36 jeweils zu separaten Mundstücken 39, 41. Die beiden Mundstücke 39, 41 sind jeweils an zwei voneinander separaten Andockstellen A1, A2 der Dauerform ankoppelbar. Auf diese Weise wird die Metallschmelze an zwei unterschiedlichen Punkten über zwei voneinander getrennte Angusskanäle 17 in die Bauteilkavität 16 zugeführt, wodurch sich die Fließwege zur Füllung der Bauteil-Kavität 16 stark verkürzen, was wiederum die Qualität des herzustellenden Bauteils gegenüber nur einem Angusskanal 17 verbessert.