-
Die Erfindung betrifft einen kontrollierbaren aerologischen Sensorträger für technische Sondierungsflüge, der mit einem Transportmittel in die Atmosphäre getragen wird. In vorgesehene Höhe gebracht, wird er luftgestützt freigesetzt und führt Messungen während des Sinkens zur Erde durch. Durch eigenen Antrieb kann er Nutzlast in ein Zielgebiet bringen, um Messungen an einem vordefinierten Ort durchzuführen und gegebenenfalls eine Kurs- oder Höhenkorrektur vornehmen.
-
Der folgende Stand der Technik ist beispielhaft:
Radiosonden. Zur routinemäßigen Gewinnung von Messdaten in der freien Atmosphäre werden durch die Wetterdienste und Forschungseinrichtungen vieler Länder aerologische Sonden eingesetzt, die an Freiballonen aufsteigen und die Messdaten wie Temperatur, Druck und Feuchte per Funkübertragung an Bodenstationen übermittelt. Durch regelmäßige Positionsbestimmungen mit Hilfe eines Satellitennavigationssystems (z. B. GPS) wird die Bahnkurve ermittelt, aus der sich die Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen ableiten lässt.
-
In der
EP 113165581 wird eine als Aufstiegs- und Fallsonde einsetzbare Sonde beschrieben, die eine Erweiterungsmöglichkeit für luftchemische Messungen z. B. durch weitere Kanäle berücksichtigt. Sie schreibt die gewonnenen Messdaten auf einen internen Speicher und kann auch begrenzt Daten per Funk übertragen.
-
Fallsonden. Zum Abwurf und zur Datenübertragung (Telemetrie) von Fallsonden aus Flugzeugen werden Radiosondierungsanlagen in modifizierter Weise gebaut. Die Empfangsanlage befindet sich an Bord eines Flugzeugs, wo die von der Fallsonde gesendeten Messdaten empfangen und registriert werden. Gleichzeitig werden dort Positionsdaten aufgenommen, so dass mit der bekannten Position des Flugzeugs auch die aktuelle Position der Fallsonden bestimmt werden kann.
-
Die zurzeit weitestgehende Fallsondenentwicklung wird von der Firma Yankee Environmental Systems (YES, Inc.) betrieben. Mit dieser Technik können bis zu acht Sonden gleichzeitig übertragen. Die Sonden können als Aufstiegs- oder Fallsonde gestartet werden. Zusätzlich zu den meteorologischen Größen kann diese Sonde die Meeresoberflächentemperatur erfassen. [1]
-
Das zurzeit am Weitesten entwickelte Abwurfsystem geht auf eine Kooperation zwischen ATD und NASA Dryden zurück [2]. Die automatische Startvorrichtung hängt unter dem Flugzeugrumpf und kann bis zu 16 Sonden aufnehmen; allerdings kann die Datenerfassung maximal vier messende Sonden zur gleichen Zeit verarbeiten. Die hierbei eingesetzten GPS-Sonden gehen auf eine Entwicklungskooperation zwischen NOAA und DLR für das Höhenforschungsflugzeug STRATO 2C zurück [3].
-
In der
US 5186418 wird eine aerologische Fallsonde beschrieben, welche mittels Ballon oder Flugzeugabwurf in die Atmosphäre gebracht wird, um dort Messungen durchzuführen. Die Sonde hat eine aerodynamische Form mit mindestens einer beweglichen Steuerfläche. Damit kann die Sonde bei geringen Windstärken entlang einer vorausberechneten Flugbahn gesteuert heruntergleiten und an einem vorgegebenen Ort landen. Der Fallschirm an der Sonde dient dem Abbremsen unmittelbar vor dem Aufsetzen.
-
Auf dieser Idee basieren inzwischen verschiedene Produkte wie der in Neuseeland entwickelte „DataBird” und der „GPSBoomerang” [4] oder die durch die
US 6144899 modifizierte Variante, durch NOAA unter dem Namen „Glidersonde” entwickelt und inzwischen kommerziell eingesetzt [5].
-
Des Weiteren gibt es Versuche Modellflugzeuge mit Verbrennungsmotor als Sensorträger zu nutzen wie die durch NOAA entwickelte „Powersonde”.
-
Zusammenfassend lässt sich sagen: Für Forschungszwecke sind Routineradiosonden kaum geeignet, da die Aufstiege an lokale Empfangsstationen gebunden sind. Diese können nur jeweils eine Sonde zur gleichen Zeit empfangen und, abgesehen von Ozon, können zu den Standardgrößen keine zusätzlichen Parameter gemessen und übertragen werden.
-
Die modifizierte Sonde aus der
EP 113165581 ist aufgrund ihrer hochwertigen Sensoren und verhältnismäßig hohen Produktionskosten darauf ausgelegt nach der Landung wieder gefunden und erst dann ausgelesen zu werden. Das Konzept birgt das Risiko, die Messsonde inklusive der Messdaten vollständig zu verlieren.
-
Fallsonden haben den Nachteil, dass sie die Atmosphäre mit etwa 15–20 Minuten sehr rasch durchqueren und zeitlich nur kurze sowie aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Flugzeugs räumlich sehr große Sondierungen erlauben.
-
Die steuerbaren Sonden sind angewiesen auf Wetterlagen mit geringen Windstärken. Aufgrund ihres geringen Gewichts sind sie nicht geeignet, um Extremwetter mit starken Winden zu befliegen.
-
Die Flugzeiten der Modellflugzeuge sind begrenzt auf etwa eine Stunde. Die maximale Sondierungshöhe ist 6 km und ein vertrauter Umgang mit Modellflugzeugen zum Start und zur Landung ist Vorraussetzung für ihren sicheren Betrieb. Ebenso unterliegen diese Konzepte Lärmschutzbestimmungen und Flugraumfreigaben was ihren Einsatz sehr einschränkt und für Forschungszwecke uninteressant macht.
-
Allen vorgenannten Systemen gemeinsam sind Beschränkungen bezüglich Messdauern und Unflexibilität bezüglich der Messgrößen, da sie mit herkömmlichen Radiosonden arbeiten. Diese müssen, sollen sie wiederverwendet werden, nach dem Flug aufwendig aufbereitet oder zum Hersteller zurückgesandt werden. Da die Flüge größtenteils ungesteuert erfolgen, treiben die Sonden wenigstens bei einer vertikalen Durchquerung der Atmosphäre ungerichtet und somit unkontrollierbar mit dem Windfeld. Dies geschieht ungeachtet von Flugkorridoren und sonstigen Schutzzonen in der Atmosphäre. Allein bei Radiosondierungen mittels aufsteigender Ballonsonden werden ca. 3 Sichtungen pro Jahr in unmittelbarer Nähe von Passagierflugzeugen über Deutschland gemeldet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine größere Anzahl Radiosonden durch Kollisionen mit Flugzeugen pro Jahr zerstört werden [6]. Des Weiteren können die Sonden keine Höhenkorrektur durchführen, keinen Zustand „position hold” erreichen. Sie sind nicht angetrieben.
-
Gegenüber dem Stand der Technik umfasst die Erfindung einen Sensorträger für technische Sondierungsflüge, der flexibel vom Boden sowie mittels Ballon, Rakete oder von Flugzeugen aus gestartet werden kann. Er verfügt über eigene integrierte Tragflächen und Leitwerke, die bei Bedarf ausschwenkbar sind und einen Antrieb (Anspruch 1–5). Die Erfindung besteht aus der Verwendung verschiedener technischer Komponenten, die zu einem neuartigen Sensorträger für aerologische Messsonden zusammengestellt werden. Die maximale Flughöhe berechnet sich aus der Freisetzungshöhe aus dem Transportmittel (z. B. Flugzeug, Ballon, Rakete) plus eigene Steigkapazität des Sensorträgers durch den integrierten Antrieb. Der Sensorträger kann die Messsensorik so an einen Ort speziellen Interesses bringen (zone of interest). Er kann folglich die Nutzlast in Gebiete transportieren, die aufgrund ihrer Lage oder meteorologischen Besonderheit (z. B. Polar- und Wüstengebiete, tropische Brandtrodungen, Gewitter, Hurricanes, Vulkanausbrüche, radioaktive Unfälle ...) nicht oder nur unzureichend erforschbar sind (risikobehaftete Einsätze). Mit Hilfe einer satellitengestützten Positionsinformation und durch vorherige Programmierung kann sich der Sensorträger kontrollierbar zu einem gewünschten Zielpunkt hin- und auch wieder wegbewegen. Durch den integrierten Antrieb können Zustände wie „position hold” erreicht oder Höhenkorrekturen vorgenommen werden.
-
Des Weiteren können Messparameter in 3 und 4 Dimensionen durch den Einsatz mehrerer Sensorträger (z. B. unter Anwendung von intelligent gelenkten Schwarmtechnologien) zur gleichen Zeit gesammelt werden.
-
Die Miniaturisierung elektronischer Komponenten erlaubt die Unterbringung einer bisher unerreicht umfangreichen Messsensorik und die Übertragung wählbarer Parameter mittels Funkstrecke an eine am Boden stationierte oder mobile Empfangsstation.
-
Die permanente Übertragung von Positions- und Flugdaten, als auch die Tatsache, dass atmosphärische Sondierungen durch Fallsonden mit der zuständigen Flugverkehrskontrolle (Air Taffic Control, ATC) abgesprochen werden müssen und die vorausgehende Festlegung auf mögliche Landestellen, machen den Flugraum mit dieser Fallsonde sicherer. Die Landung erfolgt eigenständig im Sinkflug entlang eines dynamisch programmierten Pfads. Als Notsystem ist ein Fallschirm zur Landung vorgesehen.
-
Referenzen
-
- [1] Use of a New Generation of Dropsondes during the 2008 Arctic Mechanisms of Interaction Between the Surface and Atmosphere (AMISA) Campaign, 10th Conference on Polar Meteorology and Oceanography, Albin Gasiewski, University of Colorado, Boulder, CO; and A. Chaturvedi
- [2] GPS Dropsonde in the Field: CAMEX and DYCOMS II, 2001, http://www.eol.ucar.edu/dir_off/asr01/ASR01highlights.html
- [3] http://www.eol.ucar.edu/isf/facilities/dropsonde/gpsDropsonde.html
- [4] www.gpsboomerang.nz
- [5] Boundary Layer Targeted Observation Using the Glidersonde Meteorological Package in a Radio Controlled Aircraft Part I: Results, Daniel B. Weber, Frank W. Gallagher III, Kenneth W. Howard, Preprints AMS 11th Symposium an Meteorological Observations and Instrumentation. 2001
- [6] The Release of Dropsondes: A Hazard for Commercial Air Traffic?, Reinhold Busen, Air Traffic Control Quarterly, Vol. 8(2) p. 155–171, 2000
-
Die Schema-Zeichnungen zeigen beispielhaft Art und Ausbildung der Sonde. Sie erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern veranschaulichen das Prinzip:
-
1 äußere schematische Darstellung des Sensorträgers für technische Sondierungsflüge vor dem Start mit Sondenkörper (1), Sensorkopf (2), Tragflächen, eingeschwenkt (3), Stabilisierungsflächen, eingeschwenkt (4), Motor (5) und Antenne (13)
-
2 äußere schematische Darstellung des Sensorträgers für technische Sondierungsflüge nach dem Start mit Sondenkörper (1), Sensorkopf (2), Schwenkvorgang (6), Tragflächen, teilweise ausgeschwenkt (3.1), Stabilisierungsflächen, ausgeschwenkt (4.1), Motor (5) und Antenne (13)
-
3 äußere schematische Darstellung des Sensorträgers für technische Sondierungsflüge nach dem Start mit Sondenkörper (1), Sensorkopf (2), Tragflächen, teilweise ausgeschwenkt (3.1), Tragflächen, ganz ausgeschwenkt (3.2), Stabilisierungsflächen, ausgeschwenkt (4.1), Motor (5) und Antenne (13)
-
4 Schema der strukturell integrierten Steuerflächen des Sensorträgers für technische Sondierungsflüge mit Rumpfwand (7) und Lager und Drehpunkt der Tragflächen (8)
-
5 innere schematische Darstellung des Sensorträgers für technische Sondierungsflüge mit Sensorkopf (2), Tragflächen, eingeschwenkt (3), Stabilisierungsflächen, ausgeschwenkt (4.1), Motor (5), Spannungsversorgung (9), Flugsteuerung (10), Lageregelung (11), Navigation (12), Antenne (13), Telemetrie (14), Sensorelektronik (15), Speicher (16), Servos (17), GPS-Antenne (18)
-
6 Datenflussdiagramm der dynamischen Kommunikation mehrerer Sensorträger für technische Sondierungsflüge.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- EP 113165581 [0003, 0011]
- US 5186418 [0007]
- US 6144899 [0008]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- Use of a New Generation of Dropsondes during the 2008 Arctic Mechanisms of Interaction Between the Surface and Atmosphere (AMISA) Campaign, 10th Conference on Polar Meteorology and Oceanography, Albin Gasiewski, University of Colorado, Boulder, CO; and A. Chaturvedi [0020]
- GPS Dropsonde in the Field: CAMEX and DYCOMS II, 2001, http://www.eol.ucar.edu/dir_off/asr01/ASR01highlights.html [0020]
- http://www.eol.ucar.edu/isf/facilities/dropsonde/gpsDropsonde.html [0020]
- www.gpsboomerang.nz [0020]
- Boundary Layer Targeted Observation Using the Glidersonde Meteorological Package in a Radio Controlled Aircraft Part I: Results, Daniel B. Weber, Frank W. Gallagher III, Kenneth W. Howard, Preprints AMS 11th Symposium an Meteorological Observations and Instrumentation. 2001 [0020]
- The Release of Dropsondes: A Hazard for Commercial Air Traffic?, Reinhold Busen, Air Traffic Control Quarterly, Vol. 8(2) p. 155–171, 2000 [0020]