DE102008043049A1 - Fahrdynamikregler mit schräglaufwinkelbasiertem Lenkeingriff - Google Patents
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Abstract
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Durchführen eines Lenkeingriffs bei einem über- oder untersteuernden Fahrzeug. Der Schräglaufwinkel der gelenkten Räder kann sehr genau berechnet werden, wenn die Längs- und Quergeschwindigkeit des Fahrzeugs mittels entsprechender Sensoren (2) gemessen und der Schräglaufwinkel basierend auf den Messwerten berechnet wird. In einer kritischen Fahrsituation nutzt ein Fahrdynamikregler den berechneten Wert, um abhängig davon einen Soll-Schräglaufwinkel einzustellen.
Description
- Stand der Technik
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Durchführen eines Lenkeingriffs bei einem über- oder untersteuernden Fahrzeug gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, sowie einen Fahrdynamikregler gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 7.
- Bekannte Fahrdynamikregler dienen dazu, den Fahrer in kritischen Fahrsituationen, in denen das Fahrzeug beispielsweise über- oder untersteuert, zu unterstützen und das Fahrzeug zu stabilisieren. Ein großer Teil der auf dem Markt befindlichen Fahrdynamikregler nutzt hierzu die Fahrzeugbremsen. Andere Fahrdynamikregler können zusätzlich in die Lenkung des Fahrzeugs eingreifen. Um ein untersteuerndes Fahrzeug, das der Lenkvorgabe des Fahrers nicht mehr folgen kann, wieder zu stabilisieren, ist es z. B. bekannt, die gelenkten Räder in eine Stellung zu bringen, in der sie eine höhere Seitenführungskraft aufnehmen können als dies ohne Korrektur der Fall wäre. Allerdings wird bei gierratenbasierten Systemen üblicherweise nicht das mögliche Maximum an Seitenführungskraft erreicht.
-
1 zeigt einen typischen Seitenkraftverlauf eines Reifens in Abhängigkeit vom Schräglaufwinkel α und dem Radschlupf λ. Der Schräglaufwinkel ist dabei der Winkel zwischen der Längsachse und der Bewegungsrichtung des Reifens. Wie zu erkennen ist, liegt in diesem Beispiel das Maximum der Seitenführungskraft bei einem Schräglaufwinkel von α ungefähr 10 Grad (bei einem Radschlupf größer als etwa 0,1). Ziel eines Fahrdynamikreglers ist es nun, den Schräglaufwinkel auf den Wert der maximalen Seitenführungskraft einzustellen, um das Fahrzeug möglichst optimal stabilisieren zu können. - Bekannte Fahrdynamikregler schätzen den Schräglaufwinkel üblicherweise mit Hilfe eines Modells. Diese modellbasierte Schätzung ist jedoch relativ ungenau, so dass eine optimale Stabilisierung des Fahrzeugs nicht möglich ist. Mangels Kenntnis des genauen Schräglaufwinkel kann das Fahrverhalten durch den Lenkeingriff des Fahrdynamikreglers u. U. sogar negativ beeinflusst werden. Bei einem untersteuernden Fahrzeug, bei dem der Fahrer die Lenkung zu stark eingeschlagen hat, ist es z. B. sehr kritisch, den Lenkwinkel im Rahmen einer Fahrdynamikregelung zu reduzieren, da die Räder möglicherweise so weit zurückgelenkt werden könnten, dass die Seitenführungskraft unnötig abnimmt.
- Offenbarung der Erfindung
- Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Fahrdynamikregler zu schaffen, der eine genauere Einstellung des Lenkwinkels der Räder ermöglicht.
- Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patenanspruch 1 sowie im Patentanspruch 7 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
- Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung besteht darin, die Längs- und Quergeschwindigkeit eines Fahrzeugs mit Hilfe einer Sensorik zu messen, und den Schräglaufwinkel α basierend auf diesen Messwerten zu berechnen. Daraus ergibt sich ein sehr genauer Wert des aktuellen Schräglaufwinkels, der vom Fahrdynamikregler im Falle eines Eingriffs als Istwert genutzt werden kann. In einer kritischen Fahrsituation ist es nun möglich, den Schräglaufwinkel präzise auf den gewünschten Sollwert einzustellen. Der berechnete Schräglaufwinkel dient dabei als Referenzgröße.
- Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird aus den Geschwindigkeits-Messwerten zunächst der Schwimmwinkel des Fahrzeugs berechnet und dann auf Basis des Schwimmwinkels β der Schräglaufwinkel bestimmt. Der Schwimmwinkel β wird vorzugsweise gemäß DIN 70.000:Beta = arctan (vy/vx) bestimmt, wobei vy die Quergeschwindigkeit und vx die Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs sind.
- Die Sensorik zum Messen der Längs- und Quergeschwindigkeit umfasst vorzugsweise drei Beschleunigungs- und Drehratensensoren, aus deren Signalen die Bewegung des Fahrzeugs im Raum vollständig abgebildet werden kann.
-
- Dabei ist Iv der Abstand des Fahrzeugschwerpunkts zur Vorderachse.
- Mit Kenntnis des Schräglaufwinkels α kann nun ein Fahrdynamikregler z. B. in einer Fahrsituation, in der das Fahrzeug untersteuert, die gelenkten Räder so einstellen, dass deren Seitenführungskraft möglichst maximal ist.
- Bei der Wahl des optimalen Schräglaufwinkels wird vorzugsweise der Antriebs- oder Bremsschlupf der gelenkten Räder berücksichtigt, da die Schräglaufwinkel-Kennlinie (
1 ) stark vom Radschlupf abhängt. Der Radschlupf kann z. B. aus den Raddrehzahlen im Verhältnis zur Fahrzeuggeschwindigkeit abgeleitet werden. - Da der Schräglaufwinkel auch mit Hilfe der Geschwindigkeitsmessung nie ganz genau bestimmt werden kann und außerdem der optimale Schräglaufwinkel nicht exakt bekannt ist, wird zu dem optimalen Soll-Schräglaufwinkel vorzugsweise ein Sicherheitszuschlag hinzu addiert. Damit ist sichergestellt, dass der Soll-Schräglaufwinkel nie kleiner ist als derjenige Schräglaufwinkel mit maximaler Seitenführungskraft.
- Um den Fahrer darauf aufmerksam zu machen, dass der aktuell gewählte Lenkradwinkel für die gegebene Fahrsituation zu groß ist, kann z. B. eine Warnung an den Fahrer, wie z. B: ein optisches oder akustisches Signal, ausgegeben werden.
- Kurze Beschreibung der Zeichnungen
- Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
-
1 einen typischen Verlauf der Seitenführungskraft eines Reifens in Abhängigkeit vom Schräglaufwinkel und dem Radschlupf; -
2 ein schematisches Blockschaltbild eines Fahrdynamikreglers mit Lenkeingriff; und -
3 ein Flussdiagramm mit den wesentlichen Verfahrensschritten eines Verfahrens zum Berechnen des Schräglaufwinkels der Räder. - Ausführungsformen der Erfindung
- Bezüglich der Erläuterung von
1 wird auf die Beschreibungseinleitung verwiesen. -
2 zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Fahrdynamikreglers, der mit Hilfe eines Lenkstellers4 in die Lenkung des Fahrzeugs eingreifen kann. Der Fahrdynamikregler kann sowohl für elektrische Lenksysteme mit mechanischer Kopplung zwischen Lenkrad und den gelenkten Rädern, z. B. EPS, als auch für elektrisch gesteuerte Überlagerungslenksysteme, z. B. AFS, verwendet werden, bei denen der Lenkwinkel unabhängig von der Lenkradstellung verändert werden kann. - Das Gesamtsystem umfasst ein Steuergerät
1 , in dem der eigentliche Regelalgorithmus3 als Software hinterlegt ist. Das Steuergerät1 ist mit einer Sensorik2 zum Messen der Längs- und Quergeschwindigkeit des Fahrzeugs verbunden. Die Sensorik2 kann beispielsweise einen optischen oder radarbasierten Sensor umfassen, der direkt die Geschwindigkeit über Grund misst. Möglich wäre auch ein GPS-basiertes System, das aus GPS-Daten die Fahrzeuggeschwindigkeit bestimmt. Eine besonders einfache und kostengünstige Lösung umfasst drei Beschleunigungs- und Drehratensensoren, aus deren Signalen die Bewegung des Fahrzeugs im Raum vollständig abgebildet werden kann. - Der FDR-Algorithmus
3 verarbeitet die Sensorsignale (Schritt5 von3 ) und berechnet aus der Längs- vx und Quergeschwindigkeit vy den Schwimmwinkel des Fahrzeugs (Schritt6 ). Für den Schwimmwinkel β gilt: Beta = arctan (vy/vx). Aus dem Schwimmwinkel β und weiteren Größen kann nun der Schräglaufwinkel α der Räder berechnet werden. Für den Schräglaufwinkel α gilt vereinfacht: - Dabei ist dψ/dt die gemessene Gierrate, δ ein gemessener Lenkwinkel, Iv der Abstand des Fahrzeugschwerpunkts zur Vorderachse und vx die Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs. Der Schräglaufwinkel α der Räder kann somit in Schritt
7 relativ genau bestimmt werden. - Mit Kenntnis des Schräglaufwinkels α ist es nun möglich, die gelenkten Räder in einer kritischen Fahrsituation in eine Position zu stellen, in der die Seitenführungskraft maximal ist. In einer Fahrsituation, in der das Fahrzeug beispielsweise untersteuert, würde der Fahrdynamikregler
3 in die Lenkung eingreifen und die gelenkten Räder so weit zurückstellen, dass die Seitenführungskraft der Reifen möglichst hoch ist. - Wegen der starken Abhängigkeit der Reifenkennlinien vom Radschlupf λ wird der Schräglaufwinkel vorzugsweise nicht auf den eigentlich optimalen Wert bei maximaler Seitenführungskraft eingestellt, sondern auf einen Winkel, der etwas größer ist als der optimale Wert in der Kennlinie von
1 . Dadurch wird verhindert, dass der Schräglaufwinkel zu klein ist und der Reifen ggf. unnötig an Seitenführungskraft verliert.
Claims (11)
- Verfahren zum Durchführen eines Lenkeingriffs bei einem über- oder untersteuernden Fahrzeug, dadurch gekennzeichnet, dass die Längs- und Quergeschwindigkeit eines Fahrzeugs mit Hilfe einer Sensorik (
2 ) gemessen und der Schräglaufwinkel (α) basierend auf diesen Messwerten berechnet wird, und dass ein Fahrdynamikregler (3 ) unter Berücksichtigung des berechneten Schräglaufwinkel (α) einen Soll-Schräglaufwinkel an den gelenkten Rädern einstellt. - Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Schräglaufwinkel der Räder auf einen Wert eingestellt wird, bei dem die Seitenführungskraft im Wesentlichen maximal ist.
- Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Schräglaufwinkel der Räder auf einen Wert eingestellt wird, der etwas größer ist als ein theoretisch optimaler Wert, bei dem die Seitenführungskraft der Räder maximal ist.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass aus den Geschwindigkeits-Messwerten ein Schwimmwinkel (β) berechnet wird, und der Schräglaufwinkel (α) der Räder basierend auf dem Schwimmwinkel (β) berechnet wird.
- Verfahren einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Schwimmwinkel (β) gemäß Beta = arctan (vy/vx) bestimmt wird.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Schräglaufwinkel (α) basierend auf dem Schwimmwinkel (β), der Gierrate (dψ/dt) und dem Lenkwinkel (δ) berechnet wird.
- Fahrdynamikregler, der in einer kritischen Fahrsituation einen Lenkeingriff ausführen kann, dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrdynamikregler (
3 ) mit einer Sensorik (2 ) zum Messen der Längs- und Quergeschwindigkeit des Fahrzeugs verbunden ist und basierend auf den Geschwindigkeits-Messwerten einen Schräglaufwinkel (α) berechnet, und dass der Fahrdynamikregler (3 ) unter Berücksichtigung des berechneten Schräglaufwinkels (α) einen Soll-Schräglaufwinkel an den gelenkten Rädern einstellt. - Fahrdynamikregler nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Soll-Schräglaufwinkel ein Wert ist, bei dem die Seitenführungskraft im Wesentlichen maximal ist.
- Fahrdynamikregler nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Soll-Schräglaufwinkel ein Wert ist, der etwas größer ist als ein theoretisch optimaler Wert, bei dem die Seitenführungskraft maximal ist.
- Fahrdynamikregler nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Sensorik einen Radarsensor, GPS-basierte Sensoren und/oder Drehraten- und Beschleunigungssensoren umfasst.
- Fahrdynamikregler nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrdynamikregler (
3 ) Drehraten- und Beschleunigungssensoren umfasst, mit denen Drehbewegungen und Beschleunigungen des Fahrzeugs in sämtlichen Raumachsen gemessen werden können.
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